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Soldaten einer NATO-Friedensmission im Kosovo.

© AFP/Sasa Djordjevic

Trotz Drohungen aus Serbien: Kosovo-Parlament stimmt für eigene Armee

Der jüngste Staat Europas Kosovo entschließt sich zum Aufbau eines eigenen Militärs. Auf dem Balkan löst das Ängste aus.

Ungeachtet serbischer Drohungen hat das Parlament im Kosovo am Freitag den Aufbau einer eigenen Armee beschlossen. 105 der insgesamt 120 Abgeordneten stimmten am Freitag für die Einführung der 5000 Mann starken Truppe, die eine bestehende leicht bewaffnete Katastrophenschutz-Einheit ersetzen soll.

Der Aufbau einer regulären Armee ist von besonderer Brisanz, weil durch sie die Spannungen auf dem Balkan rund 20 Jahre nach dem Aufbegehren der Kosovo-Albaner gegen die serbische Herrschaft wieder zunehmen könnten. Die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabic hatte Anfang Dezember damit gedroht, dass der Kosovo mit der Einführung einer Armee eine militärische Intervention provozieren könnte.

Der Kosovo erlangte vor zehn Jahren seine Unabhängigkeit von Serbien. Die Führung in Belgrad erkennt die Eigenstaatlichkeit aber bis heute nicht an. Während die USA die Planung einer eigenständige Armee des Kosovo als historisch gelobt haben, kam von Seiten der Nato Kritik. Ein solcher Schritt sei bei den Bemühungen zur Schlichtung des weiter schwelenden Konflikts mit Serbien nicht hilfreich, hieß es zur Begründung.

Deutschland appellierte an Serbien und den Kosovo, Zurückhaltung zu üben und eine Eskalation zu vermeiden. Grundsätzlich habe der Kosovo als souveräner Staat das Recht, reguläre Streitkräfte zu schaffen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. "Allerdings haben wir auch immer wieder deutlich gemacht, dass die Umwandlung der sogenannten Kosovo Security Forces, wie sie jetzt heißen, nicht übereilt erfolgen soll, sondern in einem inklusiven Prozess unter Einbeziehung der kosovo-serbischen Minderheit und in enger Konsultation mit der Nato und den Nato-Alliierten."

Die Armeegründung fällt in eine Zeit, in der die Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo wieder einmal dem Siedepunkt zustreben. Vor drei Wochen führte Pristina einen faktischen Blockadezoll in Höhe von 100 Prozent auf Waren aus Serbien ein. Der umstrittenen Maßnahme waren zahllose Schikanen Belgrads gegen das Kosovo vorausgegangen. So kämpft Serbien - zusammen mit Russland - beharrlich dafür, dass das Kosovo nicht in internationale Organisationen aufgenommen wird. Erst im Vormonat scheiterte das Ansuchen Pristinas, Mitglied im Weltpolizeiverbund Interpol zu werden. 

Die Regierung von Ministerpräsident Ramush Haradinaj steht unter immensem Druck. Die EU ziert sich weiter, den Bürgern des Kosovos die heiß ersehnte visafreie Einreise zu ermöglichen - obwohl Pristina die daran geknüpften Bedingungen schon lange erfüllt hat. „Nach all diesen Erfahrungen des Scheiterns kann Haradinaj mit den Zöllen und mit dem Armee-Projekt endlich bei der Bevölkerung punkten“, sagt ein westlicher Diplomat in Pristina. (Reuters, dpa)

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