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Trotz Protesten: London beharrt auf Sozialreformen

Die britische Regierung hat am Donnerstag die radikalsten Pläne für die Reform des Sozialhilfesystems seit dem Zweiten Weltkrieg vorgelegt. Sie will damit eine wachsende "Abhängigkeitskultur" bekämpfen.

London - Mehr als fünf Millionen Briten, jeder fünfte Haushalt, leben ganz vom Staat, davon 1,5 Millionen für neun der vergangenen zehn Jahre. Die Kosten von inzwischen 70 Milliarden Pfund (82 Milliarden Euro) jährlich sind in den vergangenen zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen.

„Arbeit muss sich immer lohnen“, nannte Sozialminister Iain Duncan Smith im Unterhaus als Motto der Reform. Drakonische Maßnahmen gegen Jobverweigerer will er mit Anreizen zur Arbeit verbinden. Während Rückkehrer derzeit bis 90 Prozent des neu verdienten Geldes durch den Wegfall der Sozialhilfen verlieren, garantiert das neue System durch sukzessiven Abbau der Sozialhilfe, dass mindestens 35 Prozent des neuen Lohns bleiben. Damit verbunden sind neue Sanktionen gegen Arbeitsverweigerer. Arbeitslosengeldempfänger müssen kostenlose Arbeitsleistungen erbringen. Wer dreimal Termine auf dem Arbeitsamt verpasst, Vorstellungsgespräche oder angebotene Arbeit ablehnt, verliert für drei Jahre das Recht auf die 64,90 Pfund (75 Euro) Arbeitslosenhilfe pro Woche. Damit soll auch Betrug vermindert werden, der jährlich acht Milliarden Pfund (9,3 Milliarden Euro) kostet.

Während der Sozialminister die Pläne erläuterte, wurden vor dem Hauptquartier der regierenden Konservativen die Scherben nach den gewalttätigen Protesten gegen die Erhöhung der Studiengebühren vom Mittwoch zusammengekehrt. Mehr als 50 000 Demonstranten hatten an dem bisher größten Protest gegen die Reform- und Sparpolitik der Koalition teilgenommen. Premierminister David Cameron wies am Rande des G-20- Gipfels in Südkorea Behauptungen zurück, die Reformen zerstörten das „soziale Gewebe“ des Landes. Bei der Erhöhung der Studiengebühren gebe es kein zurück. Die Sozialstaatsreform verteidigte er als „fair“.

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