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Wieder mal öffentlich zu lesen: Trumps Notizen.

© Mark Wilson/AFP

Trump und die Medien: Der Präsident und die Politik des schwarzen Filzstifts

Donald Trump liest von einem mit Filzstift beschriebenen Zettel ab - und alle machen sich lustig. Dabei ist das essentiell für seine Politik. Eine Glosse.

Eine Glosse von Tilman Schröter

Es ist schon irgendwie auch nervig, der Präsident der Vereinigten Staaten zu sein. Ständig hat man irgendwelche Meetings, muss sich als Oberbefehlshaber um die Streitkräfte kümmern und der politische Gegner lässt einen auch dann nicht in Ruhe, wenn man, sagen wir, gerade Golf spielt. Aber vor allem muss man vor der ganzen Welt viele öffentliche Statements abgeben. Dass man dabei ein bisschen Unterstützung braucht, um sich die Verhältnisse ein wenig zu ordnen, ist ja klar.

Donald Trump, zurzeit noch US-Präsident, hat da eine sehr effektive Methode entwickelt. Er schreibt gelegentlich auf Notizzetteln in großen – ganz großen – Buchstaben mit schwarzem Filzstift das auf, was er gerne sagen möchte. So auch am Mittwoch, als er auf die Aussagen des US-Botschafters bei der EU, Gordon Sondland, reagierte. Dieser hatte Trump im Impeachment-Verfahren belastet. Er hatte gesagt, dass Rudy Giuliani, Trumps persönlicher Anwalt, im Gegenzug für einen Besuch im Weißen Haus gefordert hatte, der ukrainische Präsident möge öffentlich Untersuchungen gegen Trumps Rivalen Joe Biden ankündigen.

"Ich will nichts, ich will nichts. Ich will kein Quid pro quo"

Ein Gegengeschäft also. Aber Trump wäre nicht Trump, wenn er das auf sich sitzen ließe. Vor dem Weißen Haus äußerte er sich – mit dem Zettel in der Hand. Die Worte darauf, die in die Geschichte eingehen werden, lauteten: „Ich will nichts, ich will nichts. Ich will kein Quid pro quo. Sagt Zellinsky, er soll das Richtige machen. Das ist das finale Wort des Präsidenten der Vereinigten Staaten.“ Das will Trump zu Sondland gesagt haben, als dieser ihn fragte, was Trump von der Ukraine wolle.

Auch ein "stabiles Genie" im Besitz "unvergleichlicher Weisheit" macht mal Fehler

Natürlich gab es sofort hämische Kommentare. Nun gut, dass der ukrainische Präsident „Selenskyj“ heißt, das ist Trump sicher bewusst, Fehler können passieren – er ist ja ein „stabiles Genie“ und im Besitz „großartiger und unvergleichlicher“ Weisheit (Trump über Trump). Und überhaupt: Wenn die doofen Fake-News den Zettel nicht fotografiert hätten, wäre sowieso niemandem aufgefallen, dass der Name falsch geschrieben wurde.

Im September rollte der Hurrikan Dorian über den Süden der USA. Dorian werde auch Alabama treffen, twitterte Trump. Der Wetterdienst widersprach. Auf einer Karte, die Trump später zeigte, war mit schwarzem Filzstift der Verlauf des Hurrikans verändert – er erreichte auch Alabama.

Auf Trumps politischer Landkarte kann praktisch alles hingemalt werden, egal, ob es stimmt oder nicht. Dick, grob und einfach – so ist sie, die Politik der schwarzen Filzstifte. Sie macht Meinungen zu Fakten, macht Unterschriften unter Gesetzen zu Autogrammkarten. Und sie gibt ihm immer recht. Er könnte die Ukraine in Kambodscha einzeichnen. Das ist noch nicht passiert. Aber knapp ein Jahr dürfte Trump noch US-Präsident sein.

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