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Donald Trump, am Montag im Weißen Haus. Er bestätigt, dass er die Zahl der US-Soldaten in Deutschland auf 25.000 reduzieren möchte.

© Evan Vucci/AP/dpa

Trump will US-Truppen abziehen: Na und? Dann rüsten wir eben auf!

Der US-Präsident hat angekündigt, rund 9500 Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Höchste Zeit, an einer neuen Sicherheitsarchitektur zu arbeiten. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Malte Lehming

Wenn Donald Trump droht und poltert, mahnt und warnt, gibt es drei Reaktionsmöglichkeiten – Empörung, Bagatellisierung, Ignoranz. Reflexe ersetzen die Reflektion. Der US-Präsident hat angekündigt, ein Drittel der 34.500 Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Er ist sauer auf Deutschland wegen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und wegen der zu geringen Verteidigungsausgaben. Die Nato-Mitglieder hatten einander versprochen, sich bis 2024 dem Ziel anzunähern, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Der deutsche BIP-Anteil lag 2019 bei 1,38 Prozent.

Als erstes treten auf – die Empörten. Trump handele eigenmächtig, sagen sie, Deutschland sei weder informiert noch in die Planungen eingebunden worden, so könne man mit Partnern nicht umgehen. In die Empörung mischt sich ein Hang zum Beleidigtsein.

Als zweites treten auf – die Bagatellisierer. Trump bluffe nur, sagen sie, für den Abzug gäbe es weder Plan noch Konzept, die in Deutschland stationierten Truppen seien ein zentrales Instrument zur Durchsetzung geostrategischer amerikanischer Interessen. Trump werde alsbald mit Protesten aus Reihen des eigenen Militärs und der eigenen Partei konfrontiert.

Es geht um radikale Reformen

Zu guter Letzt treten auf – die Ignorierer. Die Mitglieder dieser Gruppe eint die Überzeugung, dass es sinnlos ist, Trumps Absichten zu deuten. Handelt er rational oder irrational, impulsiv oder ideologisch? Das mit Gewissheit feststellen zu wollen, sei müßig. Besser ist es daher, sich von ihm unabhängig zu machen und das jeweilige Problem auf der Grundlage eigener Kriterien zu lösen.

Welches sind diese Kriterien? Deutschland ist Mitglied der Nato. Das Land muss folglich den Wehretat massiv erhöhen. Doch wofür? Radikale Reformen sollten in den Blick genommen werden. Das fällt den meisten Sicherheitsexperten, die extrem strukturkonservativ sind, schwer. Panzer und Tornados, Hubschrauber und Fregatten müssen funktionstauglich sein, sind aber kaum nachhaltig.

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Eine dringend notwendige Investition ist statt dessen der Ausbau der Cyberwar-Kapazitäten. Wir brauchen eine Elite-IT-Truppe, die an Elite-IT-Universitäten ausgebildet wurde. Die akuten Gefährdungen der nationalen Sicherheit gehen von „hybrider Kriegsführung“ Russlands aus (Wahleinmischung, Hacking des Bundestages), Abhängigkeit von Chinas 5-G-Technologie sowie dem unzureichenden Schutz der kritischen Infrastruktur (Wasser- und Stromversorgung, Verkehrsleit- und Finanzströme).

Auf diese Weise könnte Deutschland sein Nato-Versprechen halten, seine Verteidigungsfähigkeit stärken und seiner Wirtschaft nützen. Und Trump kann zetern und wettern, wie er gerade will.

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