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Donald Trump sagt, in ihm gebe es keinen Funken Rassismus.

© Alex Brandon/AP/dpa

Trumps Twitter-Tiraden: Wie der US-Präsident seine Partei im Griff hat

Wegen rassistischer Äußerungen soll Trump abgestraft werden – doch immer weniger Republikaner trauen sich, den US-Präsidenten zu kritisieren.

Es war ein denkwürdiger Dienstagabend im amerikanischen Kongress. Das mehrheitlich demokratisch besetzte Repräsentantenhaus hatte sich vorgenommen, die Tweets von Donald Trump gegen vier Politikerinnen aus seinen Reihen als rassistisch zu verurteilen.

Am Ende einer teilweise chaotischen Sitzung wurde der Präsident zwar gerügt. Aber seine Republikaner stimmten mit der Ausnahme von vier ihrer Abgeordneten (und dem bereits aus der Partei ausgetretenen unabhängigen Abgeordneten Justin Amash) gegen die nicht bindende Resolution.

Darin heißt es, die Kommentare des Präsidenten hätten die Angst vor und den Hass auf „neue Amerikaner“ und Menschen mit dunkler Hautfarbe legitimiert und geschürt.

Trump hatte die Demokratinnen am Sonntag aufgefordert, in ihre vermeintlichen Heimatländer zurückzugehen und die Probleme dort zu lösen, statt den USA gute Ratschläge zu geben. Später legte er nach und behauptete, sie hassten Amerika und seien „terroristenfreundlich“.

In den USA geboren oder eingebürgert

Namentlich nannte er die Frauen nicht, aber es war klar, wen er meinte: die dem linken Flügel angehörenden neuen Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib, Ilhan Omar und Ayanna Pressley, die auch innerhalb ihrer eigenen Partei gerne anecken. So stoßen etwa Omars israelkritische Äußerungen in den eigenen Reihen auf Kritik. Den Zorn Trumps hatte sie zudem mit kritischen Äußerungen über den Zustand der US-Demokratie erregt.

Alle vier sind aber, und das ist das Gefährliche an Trumps Äußerungen, US-Bürgerinnen mit Migrationshintergrund: Drei von ihnen wurden in den USA geboren, die vierte, Omar, kam zwar in Somalia auf die Welt, wurde aber schon als Teenagerin in Amerika eingebürgert.

Trump: Ich trage keinen Funken Rassismus in mir

Kritiker sagen, damit ziehe der US-Präsident eine Trennlinie zwischen weißen Staatsbürgern und solchen mit einer dunkleren Hautfarbe. Die demokratische Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, forderte die Republikaner daher auf, sich den Demokraten anzuschließen und die „rassistischen Tweets des Präsidenten zu verurteilen“.

Doch die Haltung der republikanische Parteispitze war eindeutig: Sie empfahl ihren Abgeordneten, gegen die Resolution zu stimmen. So erklärte Fraktionschef Kevin McCarthy, die Aufregung der Demokraten sei reine Politik. In Wahrheit gehe es um Ideologie – „um Sozialismus versus Freiheit“.

Vier gegen Trump: Alexandria Ocasio-Cortez, Ayanna Pressley, Ilhan Omar und Rashida Tlaib
Vier gegen Trump: Alexandria Ocasio-Cortez, Ayanna Pressley, Ilhan Omar und Rashida Tlaib

© imago images/UPI Photo

Trump, der zuvor erklärte hatte, „keinen Funken Rassismus“ in sich zu tragen, zeigte sich erfreut darüber, wie geeint die Republikaner bei der Abstimmung gewesen seien. Der Präsident, so viel ist klar, hat seine Partei im Griff.

Genau das wollten die Demokraten zumindest belegen: Die Republikaner, die bis dahin weitgehend zu Trumps Tweets geschwiegen hatten, sollten Farbe bekennen. Viele von ihnen lehnen die aggressive Rhetorik ihres Präsidenten zwar ab, aber sie gehen davon aus, dass die Aufregung bald nachlässt – wenn das nächste Streitthema auftaucht.

Wer den Präsidenten kritisiert, muss mit seinem Zorn rechnen

Und sie wissen, welche Folgen offene Kritik an ihm hat. Zuletzt haben sie das an ihrem ehemaligen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, studieren können, der Trump in einem neuen Buch eher moderat kritisiert. In „American Carnage“ zitiert der Autor Tim Alberta der „Washington Post“ zufolge Ryan damit, dass Trump ein Politikverächter sei und nichts vom Regieren verstehe. Der schlug umgehend zurück, nannte den einstigen Hoffnungsträger der Partei, der im Januar aus der Politik ausgeschieden war, schwach und erfolglos.

Es gibt nicht mehr viele aktive Politiker im Kongress, die es wagen, Trump zu kritisieren. Bei den Zwischenwahlen 2018, als die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus holten, verloren vor allem moderate Republikaner ihr Mandat: Die konservativen Wähler straften viele derjenigen ab, die sich von Trumps Rhetorik distanzier hatten. Kaum anders sieht es im Senat aus: Es findet sich kaum noch ein Senator, der ihm offen widerspricht. Die Partei, die sich lange gehen den einstigen Außenseiter Trump gewehrt hatte, ist zunehmend auf seiner Linie.

Die eigenen Wähler mobilisieren

Das liegt auch daran, dass die Zustimmungswerte des Präsidenten bei den republikanischen Anhängern weiterhin stabil sind. Einer aktuellen Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge stiegen sie zuletzt sogar – möglicherweise als Folge des verschärften parteipolitischen Streits.

Das würde bedeuten, dass Trumps Kalkül mit Blick auf seine angestrebte Wiederwahl im kommenden Jahr aufgeht: Zwar stößt er einen Großteil der Amerikaner mit seinen Äußerungen vor den Kopf. In der Umfrage bewerten ihn Demokraten und Unabhängige noch negativer als bisher. Aber das scheint ihn nicht zu stören, so lange er damit seine eigenen Wähler mobilisiert.

Die Republikanische Partei hat sich weitgehend damit arrangiert. Anders als im letzten Wahlkampf organisiert sie nun sogar Trumps Kampagne.

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