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Tschechien: Nichts geht ohne die Kommunisten

Beide Kandidaten der tschechischen Präsidentschaftswahl brauchen die Unterstützung der Linken. Die Kommunisten wittern ihre Chance, auf dem Prager Parkett wieder salonfähig zu werden.

Bei der tschechischen Präsidentenwahl an diesem Freitag rücken erstmals seit Jahren die Kommunisten wieder in den Blickpunkt: Ohne die Stimmen der kommunistischen Parlamentarier dürften weder Amtsinhaber Vaclav Klaus noch sein Herausforderer Jan Svejnar eine ausreichende Mehrheit bekommen. Die weitgehend unreformierten Kommunisten wollen diese starke Position nutzen, um auf dem Prager Parkett wieder salonfähig zu werden: Nach Jahren der politischen Isolation hoffen sie jetzt auf eine stärkere Rolle im Abgeordnetenhaus – und bieten dem Präsidentschaftskandidaten ihre Unterstützung an, der die weitreichendsten Zugeständnisse macht.

„Für die Kommunisten ist es eine Genugtuung, dass die anderen Parteien sich auf einmal um ihre Stimmen bemühen“, sagt der Prager Politologe Jiri Pehe. Der neue tschechische Präsident wird in beiden Kammern des Parlaments gewählt – und dort sind die Mehrheitsverhältnisse denkbar knapp. Als wahrscheinlicher Wahlgewinner wird Vaclav Klaus gehandelt, der für die bürgerliche Regierungspartei ODS antritt. Weil sich aber bislang weder die Kommunisten noch die kleine christdemokratische Partei eindeutig für einen der Kandidaten ausgesprochen haben, gilt der Wahlausgang nach wie vor als offen.

Jan Svejnar ist der einzige Kandidat, der den Amtsinhaber Vaclav Klaus herausfordert. Zu ihrem Flaggschiff im Wahlkampf haben beide das Wachstum erklärt – sowohl Klaus als auch Svejnar sind Volkswirtschaftsprofessoren. Während Vaclav Klaus neoliberale Ansätze vertritt, betont sein Kontrahent vor allem die soziale Komponente des wirtschaftlichen Aufschwungs. Deshalb haben Grüne und Sozialdemokraten dem parteilosen Professor, der an einer amerikanischen Universität forscht, bereits ihre Unterstützung zugesagt. Die Kommunisten allerdings bleiben skeptisch: „Von den beiden Kandidaten steht uns keiner nah, weil beide rechtsgerichtet sind und sich beide für Wirtschaftsreformen aussprechen“, sagt Jiri Dolejs aus dem Parteivorstand der extremen Linken. Inhaltlich bedeute Svejnar zwar das „kleinere Übel“, eine endgültige Entscheidung wolle seine Partei aber erst kurz vor der Präsidentenwahl treffen.

Politische Beobachter räumen den Kommunisten, die in Tschechien knapp 13 Prozent der Wählerschaft repräsentieren, trotz ihrer politischen Taktiererei keine großen Chancen auf eine dauerhafte Stärkung ihrer Position ein. „Sie schaffen es nicht, junge Wähler anzusprechen. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt schon jetzt bei 72 Jahren“, sagt Politologe Jiri Pehe.

Die tschechische Präsidentenwahl gilt als Richtungsentscheidung über den künftigen europapolitischen Kurs des Landes. Der amtierende Präsident Vaclav Klaus ist einer der profiliertesten Euroskeptiker. Aus seiner Ablehnung des EU-Verfassungsvertrags macht er keinen Hehl. Den Vertrag nannte er im vergangenen Sommer am Rande eines europäischen Gipfeltreffens einen weiteren Schritt zur Vertiefung und Vereinheitlichung der EU, „zur Marginalisierung des Bürgers und der einzelnen Mitgliedsstaaten“. Svejnar schlägt moderatere Töne an. „Die EU kann noch dynamischer und handlungsfähiger werden, wenn alle Länder an einem Strang ziehen. Als Präsident würde ich mich dafür einsetzen, dass Tschechien zusammen mit den großen Mitgliedern wie Deutschland und Frankreich eine aktive Rolle in Brüssel spielt“, sagt er.

Kilian Kirchgeßner[Prag]

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