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Tucson-Attentat: Giffords kann selbständig atmen

Nach dem Attentat in Tucson ringen die USA um richtigen Umgang mit der Tragödie. Der Abgeordnete Gabrielle Giffords geht es erstaunlich gut, gemessen an der Schwere ihrer Kopfverletzung.

In den Stunden, bevor der Präsident in Tucson erwartet wurde, prallten die unterschiedlichsten Emotionen in der Stadt aufeinander. Die Einwohner stemmen sich dagegen, dass ihre Heimat zum Synonym für Mordlust, Schießwütigkeit und laxe Waffengesetze wird. Noch immer halten Menschen mit Kerzen, Blumen und Fotos der Opfer Totenwache vor dem Krankenhaus. Doch eine sektenartige Kirchengemeinde behindert die Suche nach dem Seelenfrieden mit Aufrufen, Beerdigungen der Getöteten zu stören. Sie nennt das Attentat eine Strafe Gottes für Amerikas Sünden. In einer Eilaktion hat der Landtag von Arizona ein Gesetz erlassen, das Demonstrationen im Umkreis von 100 Metern von Begräbnissen verbietet.

Die Abgeordnete Gabrielle Giffords ist das einzige der 20 Anschlagsopfer, das noch auf der Intensivstation liegt. Es gehe ihr erstaunlich gut, gemessen an der schweren Kopfverletzung, sagen die Ärzte. Ihre Augen habe sie noch nicht wieder geöffnet, das sei auch Folge der schweren Betäubungsmittel. Aber sie könne wieder eigenständig atmen und reagiere auf Berührung. Sie habe sich auch an der Nase gekratzt; das zeige, dass sie Juckreize empfinde und ihr Gehirn diese verarbeite. Ihr Büro verbreitet Bilder, wie ihr Mann, der Astronaut Mark Kelly, an ihrem Krankenbett ihre Hand hält.

Barack Obama wollte am Mittwoch um 18 Uhr Ortszeit (2 Uhr früh MEZ) bei der Trauerfeier in der Universität von Tucson sprechen. Er ist ein charismatischer Redner, hatte jedoch vier Tage lang geschwiegen. Kurz nach den Schüssen auf Giffords und ihre Wähler am Samstag hatte das Weiße Haus eine kurze schriftliche Botschaft mit Beileidsbekundungen und Aufrufen zur politischen Mäßigung verschickt. Am Montag sah die Nation Bilder, wie der Präsident im Kreis seiner Frau Michelle und zahlreicher Mitarbeiter auf der Wiese vor dem Weißen Haus die Opfer in einer Schweigeminute ehrt. Auch da sagte er nichts. Nun erwartete die Nation eine Rede, die die Seelenwunden heilt und eine Richtung für den Umgang mit dieser Tragödie weist. Mitarbeiter sagten, er werde Amerika aufrufen, zusammenzustehen und sich zu versöhnen. Dies sei nicht der richtige Moment, um die kriegsähnliche Rhetorik mancher Politiker zu brandmarken.

Empörung löste der Aufruf der Westboro Baptist Church aus, zu Beerdigungen zu gehen und dort zu verkünden, die Schießerei sei eine Strafe Gottes. Die Glaubensgemeinschaft hatte bereits mehrere Begräbnisse von gefallenen Soldaten mit Plakaten und Zwischenrufen gestört; auch die Kriegstoten stellte sie als Strafe Gottes dar. Es sind Gerichtsverfahren anhängig, ob solche Proteste unter die Meinungsfreiheit fallen, die in den USA weiter gefasst ist als in Deutschland, oder ob der Respekt vor den Gefühlen der Angehörigen sowie der Schutz der öffentlichen Ordnung Vorrang haben. Für Donnerstag ist die Beerdigung des jüngsten Opfers geplant, der neunjährigen Christina Taylor Green.

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