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Türkei: Alkohol-Panscher von Antalya vor Gericht

Drei deutsche Jugendliche starben in ihrem Türkeiurlaub an Methanolvergiftung.Das Hotel bestreitet jede Schuld. Nun begann der Prozess - und die beiden mutmaßlichen Alkoholpanscher wiesen ebenfalls die Vorwürfe zurück.

Das „Anatolia Beach Hotel“ von Kemer gibt es nicht mehr. Es heißt nun „Arma’s Beach Hotel“ und wird derzeit auf die neue Saison vorbereitet, wie ein Mitarbeiter des Hotels am Dienstag sagte. Vom Schicksal dreier deutscher Berufsschüler, die im vergangenen Jahr im „Anatolia“ schwarz gebrannten Wodka tranken und daran starben, will man im „Arma’s“ nichts mehr wissen. „Das geht uns nichts an“, sagte der Mann an der Rezeption. „Wir haben jetzt einen neuen Besitzer.“

Während das „Armas“ für neue Urlauber hergerichtet wird, müssen sich vor einem Gericht 30 Kilometer nordöstlich von Kemer 13 Angeklagte wegen des Todes der drei Deutschen verantworten. Vor der dritten Kammer des Schwurgerichts vor Antalya, vor dem bereits der Missbrauchs-Prozess gegen Marco Weiss stattfand, begann am Dienstag das Verfahren gegen die mutmaßlichen Alkohol-Panscher von Antalya.

Als Hauptangeklagte stehen die Brüder Cengiz und Halil E. vor Gericht, die Alkohollieferanten des „Anatolia“. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Brüder gepanschten Alkohol in Umlauf setzten. Die Polizei hält sie für hartnäckige Schwarzbrenner: Gegen Cengiz E. waren bereits vor einigen Jahren an der türkischen Ägäis ähnliche Vorwürfe erhoben worden. Bei einer Razzia der Polizei im Unternehmen der Brüder fanden die Beamten zur Abfüllung bereit stehende Falschen mit Etiketten und Verschlüssen. Cengiz E. wies die Vorwürfe jedoch zurück und sagte, das „Anatolia“ habe auch noch andere Lieferanten gehabt.

Der Anwalt des Hotely, Hakan Evcin, behauptete unterdessen, im Körper von zwei der drei Todesopfer sei kein Methanol festgestellt worden. Möglicherweise seien die beiden nicht an den Folgen des Wodka im „Anatolia“ gestorben, sondern durch eine falsche Behandlung im Krankenhaus von Antalya. Das Hotel treffe jedenfalls keine Schuld: „Wir sind kein Unternehmen, das Alkohol herstellt oder liefert. Wir sind nur dafür zuständig, Alkohol an die Gäste auszuschenken.“

Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Unter den Angeklagten sind mehrere Mitarbeiter des „Anatolia“. Der Chefeinkäufer wird sogar zu den Hauptangeklagten gezählt und sitzt in Untersuchungshaft. Der Fall hat das Vertrauen in die Türkei als sicheres Familien-Urlaubsziel erschüttert. Keiner weiß das so gut wie Ali Nail Kilic, der Chef des lokalen Tourismus- und Wirtschaftsverbandes Kemiad. Seit dem Tod der drei Deutschen ist Kemer nicht mehr so beliebt bei Urlaubern wie vorher. „Das hat sich schon bei uns ausgewirkt“, sagte Kilic am Dienstag unserer Zeitung. Nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Mensch sei er entsetzt über die Gewissenlosigkeit der Täter. „Zwei, drei Leute machen krumme Dinger, und wir alle haben darunter zu leiden.“

Inzwischen sei die Lage aber besser, betonte Kilic. „Das war allen eine ernsthafte Lehre.“ Kontrollen seien verstärkt worden, und auch aus der türkischen Gesellschaft komme Druck, weil die tödlichen Folgen der Panscherei offensichtlich geworden wären. Urlauber könnten wieder ganz beruhigt ihre Ferien in Kemer verbringen. „Das wird nicht nochmal passieren. Die Türkei ist kein zurückgebliebenes Land.“ Allerdings bestehen einige der Gründe für die Beliebtheit von schwarz gebranntem Alkohol bei einigen Hotels immer noch. Wegen des Preiskampfes im Massentourisums und der chronischen Notwendigkeit der Kostensenkung kaufen einige Hotels den – steuerfreien – Alkohol vom Schwarzmarkt. Kürzliche Polizeiaktionen, bei denen illegal gebrannter Schnaps sichergestellt wurde, belegen, dass die Nachfrage nach wie vor besteht. In Kemer werde jetzt strengstens kontrolliert, unterstrich Verbandschef Kilic. Allerdings gibt es in dem Ort inzwischen viel mehr Hotels als der Markt vertrage, räumt er ein. Und das hat vor allem eine Folge: „Der Preisdruck wächst.“

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