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Wurde wärmstens empfangen: Merkel in der Türkei.

© dpa

Türkei-Besuch der Kanzlerin: Erdogan fordert doppelte Staatsbürgerschaft für Türken in Deutschland

Bei Merkels Besuch in Ankara lobte Ministerpräsident Erdogan die Ankündigung der Kanzlerin, Schwung in die türkische EU-Bewerbung bringen zu wollen. Nun will er die Zusage, dass Türken in Deutschland die doppelte Staatsbürgerschaft annehmen können.

Mit Rosen aus einem Heißluftballon ist Angela Merkel heute bei ihrem touristischen Programm im zentralanatolischen Kappadokien empfangen worden. Nicht ganz so blumig dürfte es bei den politischen Gesprächen der Kanzlerin in Ankara zugehen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verlangt von der Bundesregierung konkrete Schritte zur Unterstützung des türkischen EU-Prozesses und zur Bekämpfung kurdischer und linker Extremisten. Auch will Erdogan eine Zusage, dass Türken in Deutschland die doppelte Staatsbürgerschaft annehmen können.

Zu Beginn von Merkels zweitägiger Visite am Sonntag begrüßte der Ministerpräsident die Ankündigung der Kanzlerin, neuen Schwung in die umstrittene türkische EU-Bewerbung bringen zu wollen. Nach jahrelangem Stillstand bei den Beitrittsverhandlungen wird die Türkei demnach in den kommenden Monaten ein bis zwei neue Verhandlungskapitel eröffnen können. Die Kanzlerin traf am Sonntagnachmittag in Südostanatolien ein, wo sie vor ihren politischen Gesprächen in Ankara am Montag das Patriot-Kontingent der Bundeswehr in Kahramanmaras besuchte.

Zumindest symbolische Unterstützung erwartet Erdogan von der Kanzlerin bei den derzeitigen Bemühungen der Türkei zur Beendigung des Kurdenkonflikts. Die türkische Regierung verhandelt seit Dezember mit dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan über ein Ende der seit fast 30 Jahren anhaltenden Gewalt. Ankara hofft laut der Zeitung „Hürriyet“, dass Merkel auch mit Blick auf die mehreren hunderttausend Kurden in Deutschland den Friedensprozess unterstützen wird.

Konkret fordert die Türkei eine raschere Auslieferung von mutmaßlichen PKK-Aktivisten und Mitgliedern linksradikaler Gruppen aus Deutschland. Die Tatsache, dass der Linksextremist Ecevit Sanli, der sich am 1. Februar in der US-Botschaft in Ankara in die Luft sprengte, aus Deutschland in die Türkei gekommen war, hatte in den vergangenen Wochen für Spannungen zwischen beiden Ländern gesorgt.

Politisches Hauptthema des Merkel-Besuchs ist aber die Europapolitik. Seit Beginn ihrer Beitrittsverhandlungen 2005 hat die Türkei bisher erst 13 der insgesamt nötigen 35 Verhandlungskapitel angehen können; seit dem Jahr 2010 ist kein Kapitel mehr eröffnet worden. Erdogan hatte deshalb gewarnt, die Türkei werde sich nicht mehr lange hinhalten lassen.

Mit Genugtuung beobachtet die Erdogan-Regierung nun die Aufweichung der Türkei-Skepsis in Deutschland und in Frankreich, wo es zuletzt auch Anzeichen einer neuen Verhandlungsbereitschaft gab. Die Zeit arbeite für die Türkei, sagte EU-Minister Egemen Bagis dem Tagesspiegel: Bald werde die EU erkennen, dass eine Mitgliedschaft der Türkei ein Beitrag zur Lösung „vieler Probleme auf dem Kontinent“ sei.

Bagis sagte, die jüngste Aussage von EU-Kommissar Günter Oettinger, die EU werde die Türkei eines Tages „auf den Knien“ um einen Beitritt bitten, sei eine Warnung an all jene in Europa, die den Wandlungsprozess in der Türkei und die Bedeutung des Landes für die EU ignorierten.

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