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Menschen in Ankara demonstrieren gegen die Inhaftierung des 16-Jährigen.

© AFP

Türkei: Erdogan beleidigt - Schüler drohen vier Jahre Haft

Ein Jugendlicher in der Türkei soll Präsident Erdogan beleidigt haben. Inzwischen ist er zwar wieder auf freiem Fuß, doch drohen dem 16-Jährigen vier Jahre Haft.

Die türkische Justiz verschärft ihre Gangart gegenüber Kritikern des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Das erfuhr jetzt ein 16-jähriger Schüler, der am Dienstag in einer Rede vor Mitschülern die vor einem Jahr aufgekommen Korruptionsvorwürfe gegen Erdogan erwähnte. Tags darauf wurde der Jugendliche in seiner Schule in der Provinz Konya von der Polizei festgenommen. Konya ist eine traditionelle Hochburg der regierenden islamischen Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ ein Gericht am 24. Dezember Haftbefehl gegen den 16-Jährigen.

Ihm wird Beleidigung des Staatspräsidenten vorgeworfen. Baris Ispir, der Anwalt des Schülers, kündigte eine Haftbeschwerde an. „Wenn ein 16-Jähriger wegen Beleidigung des Präsidenten verhaftet werden kann, dann stimmt etwas nicht in diesem Land“, sagte Ispir. Inzwischen ist der Junge wieder frei, aber bei einer Verurteilung drohen ihm vier Jahre Haft. Erst kürzlich war in der Türkei ein 17-Jähriger, der bei Protesten im Istanbuler Gezi-Park im vergangenen Jahr schwere Verletzungen erlitten hatte, zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Der 16-Jährige ist Initiator einer Facebook-Gruppe namens „Demokratische Oberschüler“. Soziale Netzwerke sind in der Türkei Foren für Regierungskritiker. So wurden die landesweiten Proteste vom Sommer 2013 über Twitter koordiniert. Auch bei der Verbreitung der Korruptionsvorwürfe im Dezember 2013 spielten die Netzwerke eine wichtige Rolle. Erdogan hatte bereits als Premier 2013 die sozialen Netzwerke zur „größten Bedrohung der Gesellschaft“ erklärt und ließ Twitter sowie YouTube verbieten.

Das Verfassungsgericht hob die Sperren jedoch wieder auf. Auch ein Gesetz, das der staatlichen Telekom-Aufsichtsbehörde die Sperrung von Internetseiten ohne richterlichen Beschluss ermöglichen sollte, wurde vom Verfassungsgericht annulliert. Jetzt plant die Regierung einen neuen Vorstoß, bestätigte Verkehrsminister Lütfi Elvan. Das neue Gesetz soll bei „Gefahren für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung“ den Regierungschef oder Minister ermächtigen, Internetseiten zu sperren. Die Sperre muss erst 24 Stunden später von einem Gericht bestätigt werden.

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