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Türkei: EU-Parlament stimmt Beitrittsgesprächen zu

Ungeachtet zahlreicher offener Fragen hat das Europaparlament der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am kommenden Montag zugestimmt. Unter anderem fordert die EU von Ankara weiterhin die Anerkennung Zyperns.

Straßburg (28.09.2005, 14:52 Uhr) - In einer mit großer Mehrheit in Straßburg verabschiedeten Entschließung verlangten die Abgeordneten am Mittwoch allerdings, die Gespräche auf Eis zu legen, wenn Ankara das EU-Mitglied Zypern nicht bald formal anerkennt und weiter gegen Menschen- und Minderheitenrechte verstoße. Ein Votum zur Zollunion mit der Türkei wurde auf Antrag der konservativen EVP- Fraktion verschoben.

In ihrer Resolution wiesen die Parlamentarier darauf hin, dass die EU derzeit nicht in der Lage sei, weitere Länder aufzunehmen. Zunächst müssten die in der Verfassung vorgesehenen institutionellen Reformen umgesetzt werden. Das Parlament verlangte zudem, dass die Türkei vor einem Beitritt den Völkermord an Armeniern im Ersten Weltkrieg anerkennen muss.

Die amtierende britsche Ratspräsidentschaft rief die Türkei vor dem Beginn der Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober erneut zu weit reichenden Reformen und zur Anerkennung Zyperns auf. «Die Türkei muss noch viel tun, um europäische Standards zu erreichen», sagte der britische Europastaatsminister Douglas Alexander. Dank der Beitrittsaussicht habe Ankara aber bereits beeindruckende Erfolge erzielt. Douglas betonte, dass die Vollmitgliedschaft zwar das Ziel der Verhandlungen sei. Die Beratungen könnten jedoch auch zu einem anderen Ergebnis führen.

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn bekräftigte vor den Abgeordneten, dass die Zusatzerklärung der Türkei zur Zollunion mit der erweiterten EU keine Rechtswirkung habe. Darin hatte Ankara erklärt, es erkenne Zypern bis auf weiteres nicht völkerrechtlich an und fühle sich nicht verpflichtet, seine Häfen und Flughäfen für den Verkehr aus Zypern zu öffnen. «Die EU erwartet die volle Umsetzung des Zusatzprotokolls einschließlich aller Hindernisse des freien Warenverkehrs», sagte Rehn.

Die Abgeordneten wollten sich damit nicht zufrieden geben. Bevor das Europaparlament dem Assoziationsabkommen zustimme, müsse sich die Regierung in Ankara von ihrer Erklärung distanzieren, sagte der EVP- Fraktionsvorsitzende Hans-Gert Pöttering. Sie sei politisch inakzeptabel. Der Türkeiexperte der Grünen, Joost Lagendijk, bezeichnete die Verschiebung der Abstimmung über die Zollunion als «politischen Opportunismus»: «Die EVP wollte nur zeigen, dass sie die Türkei nicht will.»

Mehrere Abgeordnete forderten die Regierung in Ankara auf, mit der Anerkennung Zyperns nicht bis zum Ende der Verhandlungen zu warten. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Martin Schulz (SPD), sagte, wenn Ankara seine Position nicht in den kommenden ein bis zwei Jahren ändere, müssten die Verhandlungen ausgesetzt werden. Die EVP- Fraktion trug die Entschließung zwar mit. Sie scheiterte aber mit dem Versuch, festzulegen, dass bei den Gesprächen von Anfang an auch über Alternativen zur Vollmitgliedschaft verhandelt wird.

Unterdessen bekräftigte die Türkei am Mittwoch ihre Ablehnung einer privilegierten Partnerschaft. «Jede Formel außerhalb einer Vollmitgliedschaft ist für uns inakzeptabel», sagte Außenamtssprecher Namik Tan am Mittwoch in Ankara. Die ständigen Vertreter der 25 EU- Staaten in Brüssel kommen an diesem Donnerstag erneut zusammen, um über den Verhandlungsrahmen zu beraten. Laut türkischen Zeitungsberichten ist die Regierung in Ankara besorgt, dass die Forderung nach einer Anerkennung Zyperns durch die Türkei in den Rahmentext der Verhandlungen aufgenommen werden könnte. (tso/dpa)

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