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Auch über den neuen Flughafen von Istanbul hatte die niederländische Reporterin geschrieben.

© Emrah Gurel/dpa

Terrorvorwürfe: Niederländische Journalistin vermutlich durch Ex-Freund belastet

Die türkischen Behörden haben die holländische Reporterin Ans Boersma ausgewiesen, weil sie Kontakte zu Extremisten gehabt haben soll.

Die Türkei hat eine niederländische Korrespondentin abgeschoben, gegen die in ihrem Land in einem Terrorverfahren ermittelt wird. Vorwürfe der niederländischen Behörden gegen die 31-jährige Ans Boersma seien der Grund für die Abschiebung gewesen, teilte die türkische Regierung am Donnerstag mit. Boersma, die in Istanbul unter anderem für die niederländische Wirtschaftszeitung „Het Finansieele Dagblad“ arbeitete, wird demnach mit der Al-Kaida-nahen Nusra-Front in Syrien in Verbindung gebracht, möglicherweise über einen Ex-Freund. Die niederländische Staatsanwaltschaft bestätigte Ermittlungen gegen die Korrespondentin.

Erst in der vergangenen Woche hatten die türkischen Behörden die Akkreditierung Boersmas als Berichterstatterin erneuert. Als sie am Mittwoch beim Ausländeramt in Istanbul ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängern wollte, wurde sie festgenommen. Boersma wurde in Abschiebehaft gesteckt und am Donnerstagvormittag auf ein Flugzeug nach Amsterdam gesetzt. Laut Medienberichten erhielt sie ein sechsjähriges Einreiseverbot. Ihre Pressekarte wurde eingezogen.

Abschiebung als Vorsichtsmaßnahme

Um angesichts der Kritik im In- und Ausland am Umgang der Türkei mit unbotmäßigen Journalisten neuen Vorwürfen entgegen zu wirken, betonte die Regierung in Ankara die Verantwortung der niederländischen Behörden im Fall Boersma. Fahrettin Altun, der Chef des türkischen Presseamtes, erklärte, die Abschiebung habe nichts mit Boersmas journalistischer Arbeit zu tun gehabt. Vielmehr hätten die Niederlande die türkischen Behörden über Verbindungen der Korrespondentin zur Nusra-Front informiert. Die Abschiebung sei deshalb eine „Vorsichtsmaßnahme“ gewesen.

Laut Altun baten die niederländischen Ermittler die türkischen Kollegen unter anderem um Auskunft über Ein- und Ausreisen Boersmas in der Türkei. Nur die niederländischen Behörden könnten erklären, warum der Verdacht gegen Boersma aufgekommen sei. Von Boersma selbst lag zunächst keine Stellungnahme zu dem Vorwurf vor.

Gegen Zehntausende besteht ein Einreiseverbot

Die niederländische Staatsanwaltschaft erklärte laut Medienberichten, Boersma sei eine von mehreren Verdächtigen in Terrorermittlungen in den Niederlanden. Ihr selbst werde keine direkte Beteiligung an einem terroristischen Verbrechen vorgeworfen. Die niederländischen Staatsanwälte hätten Informationen über Boersma an die türkischen Behörden weitergeleitet und Auskünfte über sie und andere Verdächtige erbeten. Die Niederlande hätten aber keine Auslieferung Boersmas beantragt. Auch wurde sie bei ihrer Rückkehr aus der Türkei nicht festgenommen.

Die FD erklärte, möglicherweise sei die Korrespondentin in den Strudel der die Ermittlungen geraten, weil sie bis zum Jahr 2015 eine Beziehung zu einem Syrer hatte, der im vergangenen Herbst in den Niederlanden wegen des Verdachts auf frühere Mitgliedschaft in der Nusra-Front festgenommen worden sei.

Die Zeitung kritisierte, Boersma sei während ihres jüngsten Aufenthaltes in den Niederlanden von Ende Dezember bis Anfang Januar nicht von den Behörden zu den Vorwürfen befragt worden. Zudem war offenbar das niederländische Außenministerium nicht informiert: FD-Chefredakteur Jan Bonjer forderte die Regierung zur Auskunft darüber auf, wie Informationen über eine niederländische Reporterin an die Türkei weitergeleitet werden konnten, ohne dass das Außenamt davon wisse.

Boersma arbeitete seit 2017 in der Türkei

Die Türkei hatte in den vergangenen Jahren mehrmals mit der Inhaftierung und Ausweisung westlicher Journalisten scharfe Kritik von Regierungen und Journalistenverbänden auf sich gezogen. Auch die Inhaftierung von mehr als hundert regierungskritischen türkischen Journalisten im Zuge von Verhaftungswellen nach dem Putschversuch von 2016 wurde angeprangert. Ankara weist die Kritik zurück.

Boersma arbeitete seit 2017 in der Türkei und schrieb zuletzt über Themen wie die hohe Inflation in der Türkei und über den neuen Istanbuler Flughafen.

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