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Politik: Türkei umwirbt Zentralasien

Moskau - Am 21. Dezember wird die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) 15 Jahre alt.

Moskau - Am 21. Dezember wird die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) 15 Jahre alt. Die zwölf Staatschefs treffen sich jedoch schon heute zum Arbeitsgipfel in Minsk – und nach Feiern ist ihnen nicht zumute. Im Mai hatte sich die sowjetische Erbengemeinschaft endgültig in zwei Lager gespalten: Georgien, die Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien gründeten das neue Regionalbündnis GUAM, das auf westliche Strukturen setzt und damit auf Distanz zu den prorussischen GUSMitgliedern geht. Als solche galten neben Weißrussland und Armenien bisher vor allem die zentralasiatischen Staaten.

Diese aber werden nun mit Erfolg von der Türkei umworben, die auf gleiche ethnische Wurzeln und historische Parallelen setzt. Mitte November verständigten sich in Antalya der türkische Präsident Ahmet Necdet Sezer und seine Amtskollegen aus Aserbaidschan, Kasachstan und Kirgisien über die Gründung einer Allianz der Turk-Staaten nach dem Vorbild des britischen Commonwealth. Die internationale Öffentlichkeit nahm davon kaum Notiz, was sich bitter rächen könnte: Neben einer abgestimmten Außen- und Sicherheitspolitik planen die Gründerstaaten auch eine gemeinsame Energiepolitik.

Dabei geht es vor allem um die Öl- und Gasfelder in Zentralasien. Die EU, die an diesen Vorkommen stark interessiert ist, könnte massive Probleme bekommen, sollte Brüssel die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei erschweren – so jedenfalls zitierten türkische Medien den kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, dem im Gegenzug die Solidarität der Türkei für die kasachische Übernahme des OSZE-Vorsitzes 2009 sicher ist. Vor allem Nasarbajew setzt daher auf Tempo: Schon 2007 könnte die von ihm angeregte „Parlamentarische Versammlung der Turkvölker“ die Arbeit aufnehmen.

Die Türkei hatte gleich nach Ende der Sowjetunion 1991 versucht, die ethnische Verwandtschaft in Zentralasien in politisches und wirtschaftliches Kapital umzumünzen, ging dabei aber recht unsensibel vor und scheiterte. Inzwischen, lobte ein kirgisischer Diplomat, habe Ankara seine „kolonialen Allüren“ abgelegt.

Zwar war Turkmenistan nur durch einen Botschafter vertreten und Usbekistan dem Gipfel ganz ferngeblieben. Langfristig jedoch könnte das Projekt enorme Strahlkraft entwickeln: Weltweit umfasst die türkische Völkerfamilie über 200 Millionen Menschen. Ein Viertel davon lebt in Zentralasien, weitere zehn Millionen in Russland. Für Moskau ein Grund mehr, das neue Bündnis als unliebsamen Konkurrenten zu betrachten.

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