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Mehr syrische Flüchtlinge als Türken leben inzwischen in der Stadt Kilis.

© Osman Orsal/Reuters

Türkei und IS-Terror: Syrische Dschihadisten feuern auf türkische Grenzstadt

Immer wieder schlagen Raketen in der Grenzstadt Kilis ein. Dafür sei der IS verantwortlich, sagt die türkische Regierung. Angela Merkel hat ihren Besuch abgesagt.

Selbst nach der Flucht vor dem Krieg in ihrem Land sind syrische Kinder nicht sicher. In der türkischen Grenzstadt Kilis saßen am Dienstagmorgen Mädchen und Jungen im Unterricht einer für sie eingerichteten Behelfsschule, als eine Rakete in einem Wohngebäude gegenüber einschlug.

Die Explosion riss ein Loch in die Hauswand und ließ Scheiben zu Bruch gehen. Beim Einschlag dieser und einer weiteren Rakete an diesem Vormittag wurden ein Mensch getötet und mehr als ein halbes Dutzend verletzt. Noch während die Verletzten behandelt wurden, verbreitete sich die Nachricht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt wohl doch nicht wie angekündigt am Samstag nach Kilis kommen wird.

Die Geschosse seien aus dem Machtbereich des „Islamischen Staates“ (IS) in Syrien gekommen, sagt die Regierung in Ankara. Panzerhaubitzen der türkischen Armee an der Grenze beschießen deshalb seit Montag die Stellungen des IS in vier Dörfern in der Nähe der syrischen Stadt Azaz, wenige Kilometer südlich der Grenze. In Kilis selbst macht sich inzwischen Angst breit – und Ärger auf die Regierung, die die Bewohner nicht vor den Angriffen der Dschihadisten schützen kann. Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Dienstag vor dem Sitz des Provinzgouverneurs.

Ein Flüchtlingslager mit Moschee, Schule und Supermarkt

Das hatte sich Bürgermeister Hasan Kara ganz anders vorgestellt. Der von den türkischen Behörden angekündigte Besuch von Merkel und anderen EU-Spitzenpolitikern sollte den Blick der Weltöffentlichkeit auf eine Stadt richten, in der mittlerweile mehr Syrer als Türken leben. Ein Politiker der türkischen Regierungspartei AKP hat Kilis sogar schon für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Merkel und die anderen EU-Vertreter wollten laut türkischen Regierungsangaben am kommenden Samstag in Kilis eine EU-finanzierte Schule und ein Krankenhaus für syrische Flüchtlinge einweihen. Mit seinen 90.000 türkischen und 120.000 syrischen Einwohnern ist Kilis zu einem Symbol für die Bemühungen der Türkei um Versorgung und Eingliederung der Bürgerkriegsopfer aus dem Nachbarland geworden. Am Rand der Stadt haben die Behörden ein international viel gelobtes Lager für mehr als 50.000 Flüchtlinge eingerichtet, in dem sich unter anderem Moscheen, Schulen und Supermärkte befinden. Kilis sei beispielhaft, sagt Bürgermeister Kara.

Vielleicht gerät die Stadt gerade deshalb ins Visier des „Islamischen Staats“. Der Raketenbeschuss aus Syrien habe das Ziel, die Menschen in Kilis zu provozieren, sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Dienstag.
Schon seit Monaten verstärken die Extremisten ihre Aktivitäten im türkischen Grenzgebiet. In der Stadt Gaziantep verübten IS-Mitglieder jetzt einen Mordanschlag auf einen syrischen Aktivisten, der gegen die Dschihadisten Stellung nimmt. Laut unbestätigten Berichten erlag das Opfer seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus. Im vergangenen Jahr hatten Schergen der Fanatiker im türkischen Grenzgebiet drei syrische IS-Gegner ermordet.

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