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Politik: Türkische Grenzfragen

Die Verhandlungen mit den USA über Truppen im Nordirak stocken

Wenn ein türkischer Generalstabschef seine Truppen im unruhigen Südosten des Landes besucht, ist das selten eine Routinereise. Auch Armeechef Hilmi Özkök machte am Dienstag keine Ausnahme. Özköks Inspektionsbesuch bei der für die Verteidigung der türkisch-irakischen Grenze zuständigen Zweiten Armee sollte vor allem eines deutlich machen: Ankara hat seinen Truppenaufmarsch an der Grenze zum Kriegsgebiet abgeschlossen und ist jederzeit zum Einmarsch ins Nachbarland bereit.

Vor seiner Abreise nach Diyarbakir und Silopi im türkischen Kurdengebiet machte Özkök die Runde bei den Spitzenpolitikern in Ankara. In den Gesprächen bestand Einigkeit darüber, dass sich die Türkei auch von den Bedenken der USA nicht von einer weiteren Truppenverlegung in einen rund 25 Kilometer breiten Gebietskorridor im Nordirak abhalten lassen wird, wenn sie ihre Interessen bedroht sieht. Das betrifft vor allem die Verhinderung einer Fluchtwelle aus dem Irak in die Türkei, das Einsickern von Rebellen der kurdischen Organisation PKK über die Grenze und Versuche der Kurden zur Gründung eines eigenen Staates im Norden des Irak. Derzeit reiche die türkische Truppenpräsenz aus, sagte Özkök im Hinblick auf die 13 000 Soldaten, die schon lange im Nordirak stehen. Dieses Kontingent soll aufgestockt werden, sobald es die Lage erfordert.

In Ankara verhandelten Türken und Amerikaner am Dienstag weiter über die Modalitäten einer türkischen Präsenz im Nordirak. Nach einem Kompromissmodell würde die Türkei lediglich 7000 weitere Soldaten über die Grenze schicken, so dass die Gesamtzahl 20 000 nicht überschreiten würde – ursprünglich wollte Ankara 40 000 Soldaten im Nachbarland stationieren. Im Gegenzug würden die USA eine türkische Truppenpräsenz akzeptieren.

Um den Amerikanern eine solche Abmachung schmackhaft zu machen, deuteten die Türken sogar an, dass die im Parlament gescheiterte US-Truppenstationierung doch noch erlaubt werden könnte. Am Dienstag gab es trotzdem noch keine Einigung. Besonders umstritten war die Forderung der Türkei, ihre Truppen im Nordirak selbst zu befehligen und keinem allliierten Oberkommando zu unterstellen. Selbst bei einer Einigung ist es fraglich, ob die nordirakischen Kurden ebenfalls zustimmen werden. Sie lehnen eine aufgestockte türkische Interventionstruppe kategorisch ab, weil sie um ihre Selbstverwaltung fürchten. Gleichzeitig bereiten die Kurdenmilizen KDP und PUK zusammen mit US-Spezialeinheiten im Nordirak einen Sturm auf die Städte Kirkuk und Mossul vor, die derzeit noch von der irakischen Regierung kontrolliert werden. Die Vorstellung, dass Kirkuk und Mossul mit ihren reichen Ölreserven unter kurdische Herrschaft kommen könnten, ist eine Horrorvorstellung für Ankara – und ein Kriegsgrund. Denn die Öl-Einnahmen würden einen Kurdenstaat lebensfähig machen.

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