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Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan spricht 2008 bei einer Veranstaltung in der Kölnarena.

© dapd

Türkische Premier: Erdogan besucht Deutschland

Folgt auf Erdogans Kölner Rede jetzt die Düsseldorfer Rede? Der türkische Regierungschef besucht am Wochenende Deutschland. Angela Merkel wird sich wieder über Erdogan ärgern, prophezeien türkische Medien.

Bei einem mehrtägigen Besuch in der Bundesrepublik am kommenden Wochenende will sich Recep Tayyip Erdogan in Düsseldorf mit Türken aus Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern treffen und eine Rede halten. Wenige Monate vor der türkischen Parlamentswahl am 12. Juni dürfte die Erdogan-Kundgebung zu einer Wahlveranstaltung werden, womöglich mit entsprechend scharfer Rhetorik. Erinnerungen an Erdogans berüchtigte Kölner Rede vor fast genau drei Jahren werden wach. Merkel werde das überhaupt nicht gerne sehen, kommentierte die regierungsnahe Internetseite „Dünya Bülteni“. Auch an anderen Reizthemen mangelt es nicht.

In Köln hatte Erdogan im Februar 2008 mit Blick auf die Integration von Türken in Deutschland vor einer „Assimilierung“ gewarnt, diese als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gebrandmarkt und damit einen Sturm der Entrüstung in Deutschland ausgelöst. Da rund 1,5 Millionen der insgesamt 2,5 Millionen türkischen Auslandswähler in der Bundesrepublik leben, dürfte der Premier mit Blick auf die Wahl im Juni in Düsseldorf erneut Themen ansprechen, die seinen Landsleuten unter den Nägeln brennen.

An vorderster Stelle steht dabei die Visumspflicht für Türken bei Reisen nach Deutschland und anderen EU-Ländern. Erdogans Regierung dringt seit langem bei der EU auf Reiseerleichterungen. Sie verweist unter anderem darauf, dass die Europäer bei einigen Balkanländern abgeschafft hat, die nicht einmal Beitrittsverhandlungen mit der EU führen, die Visumspflicht bereits abgeschafft haben. Dagegen laufen die türkischen Verhandlungen mit der EU seit mehr als fünf Jahren – doch die Türken brauchen immer noch ein Visum.

Für Ärger könnte auch das Thema Zypern sorgen. Im Januar hatte Merkel während eines Besuches im griechischen Teil der Mittelmeerinsel mehr Flexibilität der Türken bei der Suche nach einer Friedenslösung gefordert. Erdogan warf der Kanzlerin daraufhin vor, sie habe keine Ahnung vom Zypern-Konflikt. Zudem forderte der türkische Regierungschef eine Entschuldigung der Kanzlerin, die er bisher aber nicht erhalten hat. Türkische Medien warfen deshalb jetzt die Frage auf, ob Erdogan bei seinem Treffen mit Merkel die Entschuldigung einfordern werde. Offiziell lag dazu keine Stellungnahme vor.

Für die türkische Seite zählt Merkels Bundesregierung zu jenen Kräften in der EU, die rasche Fortschritte bei der Europa-Bewerbung Ankaras verhindern. Auch bei den Bemühungen um Erleichterungen im Reiseverkehr werden die Deutschen als Bremser gesehen. Erdogan dürfte diese Themen ansprechen – und zwar möglicherweise mit recht drastischen Worten.

Türkische Diplomaten weisen darauf hin, dass sich der Ton der Ankaraner Regierung gegenüber den Europäern in jüngster Zeit ohnehin merklich verschärft hat. „Wir versuchen, sie ein wenig aufzuwecken“, sagt ein Diplomat über die Europäer: Die türkischen EU-Beitrittsverhandlungen könnten wegen des offenen Widerstandes von Frankreich und wegen des Zypern-Problems schon bald zum Stillstand kommen. Die Probleme mit der EU werden die Türken aber nicht dazu bringen, die Verhandlungen mit Brüssel abzubrechen, hat Erdogans Regierung in den vergangenen Tagen mehrmals betont. „Wir werden nicht derjenige sein, der den Stecker zieht“, sagte EU-Minister Egemen Bagis.

Trotz des politischen Getöses der diversen türkisch-deutschen Differenzen fällt auf, dass die beiden Ländern in vielen Bereichen bestens zusammenarbeiten. Gemeinsam mit Merkel eröffnet Erdogan am kommenden Montag die Computermesse Cebit in Hannover, bei der die Türkei in diesem Jahr das Partnerland ist. Auch auf politischer Ebene gibt es bei weitem nicht nur Krach. Erst vor wenigen Tagen setztes sich der türkische Staatspräsident Abdullah Gül auf Bitten seines deutschen Amtskollegen Christian Wulff für die Freilassung der beiden seit Monaten festgehaltenen deutschen Reporter ein. Wenig später wurde die beiden Bundesbürger freigelassen.

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