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Türkischer EU-Beitritt: Merkel pocht auf "Fortschritte"

Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich der Hannover-Messe ist der türkische Ministerpräsident Erdogan von seiner Kritik an der deutschen EU-Politik abgerückt. Die Beitrittsverhandlungen hätten einen "Aufschwung" erlebt.

Hannover - Deutschland und die Türkei wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen vertiefen und setzen auf Fortschritte bei den Verhandlungen über einen türkischen EU-Beitritt. Nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Erdogan: "Wir sind auf einem langen schmalen Pfad." Dieser Prozess erfordere Geduld. Er hoffe, dass bis Ende Juni weitere Kapitel der Verhandlungen über einen EU-Beitritt eröffnet sein werden. Die Beitrittsverhandlungen hätten unter Deutschlands Präsidentschaft einen "Aufschwung" erlebt. Zuvor hatte er sich enttäuscht über die Ratspräsidentschaft geäußert. "Ich habe im Ernst mehr von Deutschland erwartet", sagte Erdogan dem Magazin "Der Spiegel".

Bei der Eröffnung der Industriemesse warb Erdogan nachdrücklich für einen EU-Beitritt seines Landes. Die Türkei habe ein enormes Potenzial und komme nicht, um Last zu sein, sondern um Lasten zu tragen. "Jedes neue Land in der EU bedeutet neue Märkte und neue Investitionschancen." Es gehe darum, Sorgen auszuräumen und die gemeinsamen Interessen niemals außer Acht zu lassen. Die Türkei habe bereits wichtige Reformen vollzogen und etwa die Schulden gesenkt und die Inflation gedrückt. "Die türkische Wirtschaft ist offener und liberaler geworden." Sie sei ein belebender Faktor der europäischen Wirtschaft.

"Wir werden nach vorne gucken"

Merkel würdigte in ihrer Eröffnungsrede die wirtschaftlichen Reformen in der Türkei. Sie sagte aber zugleich, sie erhoffe sich "Fortschritte" bei den politischen Problemen. Nach einem Treffen mit Erdogan zuvor hatte Merkel gesagt, sie wolle sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für Fortschritte bei den Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft der Türkei einsetzen. "Es steht zu erwarten, wenn die Dinge sich gut entwickeln, dass während der deutschen Ratspräsidentschaft wahrscheinlich zwei weitere Kapitel eröffnet werden können", sagte Merkel. "Wir werden nach vorne gucken." Es handele sich um einen langen Prozess, der "ergebnisoffen" sei.

Merkel wies auf die rund 2,5 Millionen Türken in Deutschland hin. Für deren Integration seien weitere Anstrengungen notwendig. Sie hob hervor, dass dazu auch die Kenntnis der deutschen Sprache zählen müsse.

Auf der Hannover Messe, die am Montag ihre Toren öffnet, sind mehr als 250 türkische Unternehmen vertreten. Insgesamt zeigen bis Freitag rund 6400 Aussteller aus mehr als 60 Ländern ihre Produkte. Schwerpunkte sind Energie, Klimawandel und die wachsende Automatisierung aller Industriebereiche. Die Hannover Messe wird in diesem Jahr 60 Jahre alt. Die erste Industrieschau fand 1947 statt.

Die Industrie hofft, dass die diesjährige Messe den Wirtschaftsaufschwung festigt. Der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Dieter Brucklacher, sagte, das gegenwärtige wirtschaftliche Umfeld sei hervorragend. "Fast alle Weltregionen boomen." Dies sei eine nahezu einmalige Konstellation. Für Investitionen forderte Brucklacher steuerliche Anreize. Unternehmen sollten für so genannte zusätzliche Investitionen die Möglichkeit einer beschleunigten Abschreibung erhalten. (tso/dpa)

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