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Recep Tayyip Erdogan trifft zu einem Arbeitsessen im Weißen Haus ein.

© Shawn Thew/dpa

Update

Türkischer Präsident trifft doch Obama: Erdogan: "Keine Journalisten aufgrund ihres Berufes verurteilt"

Eine Begegnung der beiden Staatschefs in Washington war zunächst nicht vorgesehen, nun kamen sie doch zusammen. Zuvor gerieten Erdogans Leibwächter und prokurdische Demonstranten aneinander.

US-Präsident Barack Obama ist überraschend am Rande des Atomgipfels in Washington zu einem Treffen mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan zusammengekommen. Dabei sei es um die "US-türkische Zusammenarbeit in Fragen regionaler Sicherheit, Terrorabwehr und Migration" gegangen, verkündete das Weiße Haus am Donnerstagabend in der US-Hauptstadt. Obama sicherte der Türkei Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. Obama habe bekräftigt, sein Land bliebe der Sicherheit des Nato-Partners verpflichtet, teilte das US-Präsidialamt am Freitag mit. Zugleich habe der Präsident der Türkei das Mitgefühl der Amerikaner nach dem Autobombenanschlag im türkischen Diyarbakir ausgedrückt. Bei dem Attentat waren am Donnerstag Polizeiangaben zufolge sieben Polizisten getötet und mehr als 20 weitere Menschen verletzt worden.

Ähnlich hatte sich im Vorfeld bereits US-Vizepräsident Joe Biden geäußert. Der hatte sich im St.-Regis-Hotel mit Erdogan getroffen. Biden bekräftigte die Ansicht Washingtons, dass die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK eine Terrororganisation sei, hieß es in einer Mitteilung. Beide hätten ihre Absicht erklärt, die Kooperation im Kampf gegen den Terror zu vertiefen, insbesondere gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). Auch die Bemühungen um einen Friedensschluss in Syrien seien Gegenstand des Gesprächs gewesen.

Im Vorfeld des Gipfels hatte es geheißen, Obama werde Erdogan nicht wie andere Staatschefs zu getrennten Gesprächen empfangen. Dies war als Affront gegen Erdogan gesehen worden. Die Beziehungen zwischen den beiden traditionellen Verbündeten USA und Türkei sind derzeit unter anderem wegen der türkischen Militäroffensive gegen kurdische Kämpfer stark angespannt. Zudem zeigte sich das Weiße Haus in den vergangenen Monaten immer wieder besorgt über Angriffe auf Meinungsfreiheit und Demokratie in der Türkei. Regierungskritische Journalisten haben in der Türkei einen immer schwereren Stand. Die USA hatten sich in den vergangenen Wochen wiederholt besorgt über den Druck der türkischen Regierung auf die Medien des Landes gezeigt.

Auseinandersetzungen mit prokurdischen Demonstranten

Erdogan wies am Donnerstag indes den Vorwurf zurück, Journalisten würden in seinem Land unter Druck gesetzt. „In den türkischen Gefängnissen sitzen keine Journalisten, die aufgrund ihres Berufes oder dem Recht auf Meinungsfreiheit verurteilt wurden“, sagte er bei einem Auftritt im Brookings-Institut in Washington. Sie säßen im Gefängnis, weil sie Mitglieder einer terroristischen Vereinigung seien. Erdogan ging auch auf Proteste ein, die es vor seiner Rede gegeben hatte: „Ich habe gesehen, dass Leute draußen auf der Straße geschrien haben. Sie haben geschrien, aber sie wissen nicht, was wirklich in der Türkei passiert.“

Die US-Polizei hatte zuvor Leibwächter Erdogans und prokurdische Demonstranten getrennt, die vor dem Brookings-Institut aneinander geraten waren. Dabei gingen die türkischen Sicherheitskräfte auch gegen Journalisten vor. Die rund 40 Demonstranten hatten sich vor dem Institut versammelt und Fahnen der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) geschwenkt.

Die Türkei betrachtet die PYD und ihren bewaffneten Arm, die Volksverteidigungseinheiten (YPG), als "Terrororganisationen". Für die USA und andere westliche Staaten sind sie Verbündete im Kampf gegen den IS. Die Türkei, die im eigenen Land militärisch gegen die PKK vorgeht, beschießt von der Grenze aus auch kurdische Stellungen in Syrien.

Reporter ohne Grenzen tadelt "inakzeptables Verhalten" der Leibwächter

Auch pro-türkische Demonstranten waren am Donnerstag in Washington vor Ort, die Banner mit der Aufschrift "Kein Unterschied zwischen PKK und IS" trugen. Die türkischen Sicherheitskräfte gingen auch gegen Journalisten vor. Ein Bodyguard Erdogans trat nach einem US-Kameramann, der die Zusammenstöße filmen wollte. Ein anderer nannte eine Frau "PKK-Hure". Erst nach einiger Zeit konnten etwa 20 US-Polizisten die Kontrahenten trennen.

Versuche der türkischen Sicherheitskräfte, Reporter der Opposition aus dem Raum zu verbannen, wo Erdogan seine Rede hielt, wurden vom Brookings-Institut unterbunden. Die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte das "inakzeptable Verhalten" der Leibwächter Erdogans. Erdogan hält sich zu einem bis Freitag dauernden Nukleargipfel in Washington auf. (Tsp, AFP, dpa, Reuters)

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