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Politik: Türkisches Gericht lässt Erdogan vorerst seine Partei führen Fischer berät mit Annan über Resolution zu Irak

Istanbul/Berlin (sei/ame). Zwei Tage vor der Parlamentswahl in der Türkei hat das Verfassungsgericht ein Verbotsverfahren gegen die in den Umfragen führende religiöse Gerechtigkeits und Aufbruchspartei (AKP) vertagt.

Istanbul/Berlin (sei/ame). Zwei Tage vor der Parlamentswahl in der Türkei hat das Verfassungsgericht ein Verbotsverfahren gegen die in den Umfragen führende religiöse Gerechtigkeits und Aufbruchspartei (AKP) vertagt. Die Richter in Ankara verschoben die für Freitag geplante Verhandlung auf einen Termin nach der Wahl.

Seit Wochen versucht der türkische Generalstaatsanwalt Sabih Kanadoglu, mit zahlreichen Ermittlungen, Verboten und Anträgen Einfluss auf die Wahl am Sonntag zu nehmen. Mit seinem Eilantrag, der die von Recep Tayyip Erdogan geführte Partei AKP noch aus der Bahn werfen sollte, ist Kanadoglu nun am Verfassungsgericht gescheitert: Das Gericht in Ankara wies Kanadoglus Eilantrag auf sofortige Amtsenthebung des AKP-Vorsitzenden zurück. Dafür gab das Gericht der Partei zwei Wochen Zeit, um eine Verteidigungsschrift einzureichen. Das Schicksal der von einem Verbot bedrohten AKP, die wegen ihrer Wurzeln im politischen Islam von der Justiz und den Militärs mit Argwohn betrachtet wird, entscheidet sich damit erst nach der Wahl. Das Verfassungsgericht hatte Anfang 2002 entschieden, dass AKP-Chef Erdogan wegen einer Vorstrafe aus dem Gründungsrat seiner Partei zurücktreten müsse. Dieser Aufforderung kam Erdogan nach; er blieb aber Parteichef.

Der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen, der sich in dieser Woche als Wahlbeobachter in der Türkei aufhielt, würde es begrüßen, wenn sich die Erdogan-Partei nach dem Vorbild christlich-demokratischer Parteien in den westlichen Ländern entwickeln könnte. „Eine türkische CDU würde auch gut für das Land sein, weil sie Religion und Gesellschaft in der Türkei zusammenführen könnte,“ sagte Leinen dem Tagesspiegel.

Die Festlegung eines Datums für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen zwischen der Türkei und der Union beim EU-Gipfel im Dezember hält Leinen für verfrüht. „Die intelligenten Köpfe in der Türkei wissen, dass dieser Schritt in Kopenhagen nicht zu erreichen ist,“ sagte er. Stattdessen müsse ein weiterer Fahrplan für den Beitrittsprozess ausgehandelt werden. Nach der laufenden Erweiterungsrunde sei die Aufnahme der Türkei in zehn Jahren „verkraftbar, wenn er politisch gewollt ist“. Allerdings sei die Türkei noch weit davon entfernt, die Anforderungen der EU zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft zu erfüllen: „Es steht vieles auf dem Papier, es funktioniert nur nicht in der Realität.“

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