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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit den Journalisten Michael Hirz und Birgit Wentzien bei der Aufzeichnung der Sendung "Forum Politik" des Fernsehsenders Phönix.

© dpa/ Michael Kappeler

Update

TV-Auftritt der Bundeskanzlerin: Merkel schließt höheren Militäretat auf Kosten der Sozialausgaben aus

Auf einer Veranstaltung Phoenix und Deutschlandfunk sprach die Bundeskanzlerin über die Diesel-Affäre, Donald Trump und ihre Wertschätzung für Martin Schulz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat fünf Wochen vor der Bundestagswahl in einem Interview mit Phoenix und Deutschlandfunk Stellung zu zentralen Themen, wie dem Diesel-Skandal, der Flüchtlingspolitik und Verteidigungsausgaben bezogen. Eine Übersicht:

Ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf

Auf mögliche Koalitionen ließ sich die Kanzlerin nicht festlegen. Nur die Schwesterparteien CDU und CSU seien "natürliche Partner", sagte Merkel. "Ansonsten führen wir keine Koalitionswahlkämpfe." Mit den Linken und der AfD werde es kein Bündnis nach der Bundestagswahl geben, alles andere müsse sich zeigen. "Wir kämpfen alle dafür, dass wir möglichst selber stark genug sind", sagte die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende. Sechs Wochen vor der Bundestagswahl liegen CDU und CSU in Umfragen mit 37 bis 40 Prozent deutlich vor der SPD, die auf 23 bis 25 Prozent kommt. Eindeutige Mehrheiten sehen die Meinungsforscher derzeit für eine Neuauflage der großen Koalition und eine so genannte Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen. Möglicherweise könnte CDU/CSU nach der Wahl auch knappe Mehrheiten für Zweierbündnisse mit den Grünen beziehungsweise der FDP haben. Zu ihrer politischen Zukunft über die nächste Legislaturperiode hinaus wollte sich die Kanzlerin in dem Interview nicht äußern. "Jetzt kämpfe ich erstmal dafür, noch einmal gewählt zu werden", sagte Merkel. Sie wünsche sich, "dass ich die Chance habe, dieses wunderbare Amt der Bundeskanzlerin weiter innezuhaben".

Erhöhung der Verteidigungsausgaben bis 2024

Weiterhin schloss die Bundeskanzlerin eine Erhöhung des Verteidigungsetats auf Kosten der Sozialausgaben aus. "Da wird überhaupt nichts gestrichen", sagte Merkel. Mehrausgaben für die Bundeswehr würden "nicht auf Kosten von heute geleisteten Dingen" gehen. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wirft Merkel und der Union vor, auch Kürzungen im Sozialbereich zu erwägen, um das Nato-Ziel einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2024 zu erreichen. Die Kanzlerin erinnerte daran, dass die Sozialdemokraten in der großen Koalition die Vereinbarung vom Nato-Gipfel 2014 in Wales mitgetragen hätten, die Militärausgaben "in Richtung zwei Prozent" zu entwickeln. Wenn in einer Legislaturperiode diese Zusage an die Nato-Partner gemacht worden sei, "dann steht es uns gut an", dies im Wahlkampf nicht rückgängig zu machen, sagte Merkel. "Das ist nicht Verlässlichkeit." Schulz hatte erklärt, dass es mit ihm eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets nach Nato-Vorgaben nicht geben werde.

Keine Obergrenze für Asylsuchende

Bis Bundeskanzlerin lehnte auch eine Verknüpfung der Verteilung von Flüchtlingen in Europa mit dem EU-Haushalt ab. "Einfach nur mit Geld sich freikaufen, das ginge nicht in diesem Zusammenhang", so Merkel. Die unterschiedliche wirtschaftliche Lage in den EU-Mitgliedstaaten könne natürlich berücksichtigt werden. "Aber einfach zu sagen: Ich hab' daran keinen Anteil, sollen Italien oder Griechenland gucken, wie sie klar kommen, das ist nicht die europäische Solidarität, die ich mir vorstelle", sagte die Kanzlerin. In der Europäischen Union sperren sich vor allem Polen und Ungarn gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will EU-Staaten, die in der Flüchtlingsfrage keine Solidarität zeigen, finanzielle Mittel aus Brüssel streichen lassen. Merkel sagte, die Uneinigkeit bei der Flüchtlingsverteilung sei bedauerlich. "Da werde ich auch nicht locker lassen", kündigte sie an.

Zugleich betonte Merkel die Gemeinsamkeiten der EU-Staaten, die es etwa beim besseren Schutz der europäischen Außengrenzen oder bei der Bekämpfung der Fluchtursachen gebe. Auch wenn die Flüchtlingskrise noch nicht gelöst sei, habe es viele Fortschritte gegeben. Innenpolitisch erteilte die Kanzlerin der Forderung von CSU-Chef Horst Seehofer nach einer Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme eine erneute Absage. "Ich halte die Obergrenze nicht für richtig", sagte sie. In diesem Punkt gebe es einen "Dissens" mit der Schwesterpartei. Zugleich bekräftigte sie, dass sich eine Situation wie 2015, als 890.000 Flüchtlinge nach Deutschland kamen, nicht wiederholen dürfe.

Verurteilung der Gewalt im US-Bundesstaat Virginia

Merkel verurteilte auch die Gewalt beim Aufmarsch von Rechtsextremen im US-Bundesstaat Virginia. "Das ist rassistische, rechtsextreme Gewalt", sagte sie. "Dagegen muss mit aller Kraft und aller Eindeutigkeit vorgegangen werden, egal wo auf der Welt das passiert." Der Aufmarsch des Ku Klux Klans und der sogenannten Alt-Right-Bewegung am Samstag in der Universitätsstadt Charlottesville im Bundesstaat Virginia endete für eine 32-jährige Frau tödlich, als ein 20-Jähriger sein Auto offenbar absichtlich in die Menge der Gegendemonstranten steuerte. Durch die Gewalt zwischen Anhängern der rechten Gruppen und ihren Gegnern wurden zudem nach Krankenhaus-Angaben 19 Menschen verletzt. (mit AFP,dpa, Reuters)

Pascale Müller

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