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Überraschungserfolg für Mitt Romney: Die erste TV-Debatte gewinnt der Republikaner.

© dapd

TV-Duell: Die erste Runde geht an Romney

Es ist die Überraschung im US-Wahlkampf. Herausforderer Mitt Romney gewinnt die erste TV-Debatte gegen US-Präsident Barack Obama. Der wirkte matt und blass. Doch wahlentscheidend wird etwas ganz anderes sein.

Endlich war es soweit. Mittwochabend um kurz nach 21 Uhr standen sich Präsident Barack Obama und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney zum ersten Mal direkt gegenüber. Neunzig Minuten lang kreuzten sie die Säbel. Tagelang kannten die amerikanischen Medien kein anderes Thema als dieses Duell. Jede Möglichkeit, jeder Trick, jede Strategie wurde x-mal hin und her gewendet.

Seit Wochen führt Obama in den Umfragen, zwar immer nur um ein paar Prozentpunkte, aber beständig. Doch zu einem Zweikampf, der bis zur Ziellinie spannend gehalten und zugleich für Unterhaltung und Einschaltquoten sorgen soll, gehört, dass der Unterlegene unbedingt aufholen muss: in der Medienwahrnehmung und möglichst auch in der Wahrnehmung der Wähler.

Pausenlos fragten die Fernsehanstalten deshalb vor der ersten großen Debatte: Wird der Republikaner Mitt Romney wieder einmal den eher unterkühlten Unternehmer geben, der vor ein paar Monaten in einem unbedachten Augenblick die Hälfte der Amerikaner abschrieb und als Schmarotzer bezeichnete? Oder wird es ihm gelingen, mitfühlender und menschlich nahbarer auftreten – und zugleich dem weitaus beliebteren Präsidenten gezielte und schmerzliche Stiche zu verpassen?

Im Video: Das Duell Obama vs. Romney

Das Ziel hat Romney erreicht. Von dieser Warte aus betrachtet war er der klare Sieger. Er war souverän, erzählte von menschlichen Begegnungen, er war deutlich besser vorbereitet als der Präsident. Das monatelange Training hat sich ausgezahlt und Barack Obama hat eine wichtige Chance vertan.

Romney wirkte wie einer, der die Debatte mit dem Präsidenten dringend suchte und, als sie nun endlich stattfand, auch sichtlich genoss. Obama hingegen wirkte lustlos, unwirsch und oft zu professoral. Er blickte nach unten oder zum Moderator, statt seinem Duellgegner beharrlich ins Gesicht zu schauen.

In einer Fernsehgesellschaft, in der Auftritt, Mimik und Verhalten oft mehr zählen als Inhalte, war Barack Obama der klare Verlierer. Man hatte es eigentlich genau andersherum erwartet.

Doch Romney wirkte gelassener und, soweit man das über ihn sagen kann, auch authentischer und mit sich selber im Reinen. Er war deutlich angriffslustiger, ohne dabei verletzend oder arrogant zu wirken. Der Mann, der als Gouverneur von Massachusetts die allgemeine Krankenversicherungspflicht einführte und damit die Blaupause für Obamas Gesundheitsreform lieferte, schaffte es sogar, den Präsidenten in diesem Punkt in die Defensive zu bringen. Er verstehe nicht, sagte Romney, wie Obama sich zwei Jahre für die Gesundheitsreform statt für Jobs verkämpfen konnte.

Warum Romney noch nicht die Trendwende gelungen ist

Obama war verdutzt, blickte grimmig und antwortete ziemlich matt, er habe stets beide Aufgaben im Auge gehabt. Ihm fehlte die Passion, die Leidenschaft. Müde, ja manchmal fast resigniert lächelte er zu den Attacken Romneys und unterließ es, zum Gegenangriff überzugehen und auf die vielen wunden Punkte seines Gegners zu zielen. So gesehen, war es ein sehr guter Abend für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Das meldeten eine Stunde nach der Debatte auch sofort die Umfragen. Laut dem TV-Sender CNN haben Zweidrittel der Zuschauer Romney zum Sieger erklärt.

Es gibt allerdings auch eine andere Sichtweise, und die ist weniger medial bestimmt. Wer weniger darauf aus war, ein scharfes Duell zu erleben, wen die Show nicht interessierte und auch nicht irgendwelche rhetorischen Kunststücke. Wer also ganz nüchtern erfahren wollte, was die beiden Kontrahenten eigentlich in den nächsten vier Jahren vorhaben, der muss Barack Obama zum knappen Punktsieger erklären.

Zwar hielt sich auch der Präsident bedeckt und gab sich wortkarg, aber im Gegensatz zu Romney sprudelte er hier wie ein Wasserfall. Romney blieb wie immer vage und wollte plötzlich nicht einmal mehr etwas von seinem radikalen Steuersenkungsplan und den beabsichtigten schmerzlichen Einschnitten ins soziale Netz wissen. Doch das störte anscheinend weder den Moderator noch den Präsidenten. Obama unterließ es völlig, Romney hier herauszufordern. Der Wendehals-Republikaner hatte freie Fahrt und konnte ungehindert so tun, als sei er in allem, was politisch populär ist, plötzlich mit dem Präsidenten einer Meinung.

Nun werden die Medien in den nächsten Tagen unermüdlich melden: Achtung, das Rennen um das Weiße Haus wird enger und enger! Obamas Vorsprung schrumpft! Natürlich können sich die Vorzeichen verändern und kann der Wähler am 6. November immer noch für eine Überraschung sorgen. Bevor die letzte Wahlkabine schließt, soll man niemals „nie“ sagen.

Aber es wird für Romney verdammt schwer, den Trend zu stoppen und in sein Gegenteil zu verkehren. Und überdies lehrt die Geschichte: Trotz aller Aufgeregtheiten und allen Medienrummels –Fernsehdebatten entscheiden selten eine Wahl. Eigentlich nie.

Dieser Text erschein zuerst im US-Wahlblog von ZEIT ONLINE.

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