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TV-Duell Schleswig-Holstein: Tacheles in Kiel

Einen Tag nach dem aggressiven TV-Duell zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein beanspruchten sowohl Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) als auch Ralf Stegner (SPD) den Sieg für sich.

Einen Tag nach dem TV-Duell des NDR zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein beanspruchten sowohl Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) als auch Ralf Stegner (SPD) den Sieg für sich. Eine Stunde lang waren beide am Mittwochabend verbal aufeinander losgegangen, sodass NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz seine Mühe hatte, die beiden Kontrahenten im Zaum zu halten.

Stegner verzichtete auf sein bisheriges Markenzeichen, die Fliege. Attacken von Carstensen begegnete er meist mit einem Lächeln, was den Regierungschef umso mehr zu reizen schien. Dieser wirkte vor allein 170 000 schleswig-holsteinischen Fernsehzuschauern angriffslustig wie selten und bezichtigte mehrfach in Zwischenrufen seinen Herausforderer, die Unwahrheit zu sagen. Im Gegensatz zum Kuschelduell der Kanzlerkandidaten wenige Tage zuvor wurde im Kieler Funkhaus ordentlich „gekachelt“. Dabei traten aber auch bei Energie-, Schul-, Spar-, Familien- und Sozialpolitik die unterschiedlichen Positionen so deutlich zu Tage, dass eine neue große Koalition eigentlich undenkbar ist. Ein kurzer, eisiger Händedruck vor der Redeschlacht und einer danach – das war schon die einzige freundliche Geste. Die Betrachter nahmen mit auf den Weg, dass der allseits als so gemütlich beschriebene Carstensen auch den „Rambo“ kann und ein SPD-Landeschef, der anscheinend Kreide gefressen hatte, versuchte, sich überwiegend auf die Kommentierung von Sachthemen zu konzentrieren, nicht ohne auch seine Spitzen zu setzen.

Neutrale Beobachter sind sich uneinig, wer nun den Punktsieg nach Hause getragen hat. Bei einem Viertel der Wahlberechtigten herrscht Demoskopen zufolge noch Unklarheit, ob und wo sie ihr Kreuzchen für die Landtagswahl machen. Demzufolge wurde dem Duell eine hohe Bedeutung beigemessen. Die ohnehin in den bisherigen Prognosen mit Prozentgewinnen bedachten kleineren Parteien dürften jedenfalls auch nicht ganz unzufrieden mit dem Rededuell gewesen sein. Denn der Umgangsstil der beiden miteinander könnte womöglich abschreckende Wirkung gehabt haben. Wie bisher ist Stegner keine Auskunft zu entlocken, wie er es mit den Linken halten möchte, denen erstmalig der Einzug ins Landesparlament vorhergesagt wird. Für eine Regierungsübernahme könnte er nämlich auf deren Gunst angewiesen sein, weil sich die FDP bereits auf die CDU als Partner festgelegt hat. Die von der Fünfprozenthürde befreite Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), zuletzt bei fünf Prozent gehandelt, legte sich am Donnerstag schon mal fest: Für eine Regierungsbildung stehe man nur ohne Beteiligung der Linken bereit.

Carstensens Optimismus, in eine zweite Amtsperiode zu gehen, bleibt angesichts solcher Botschaften ungebrochen. Er geht nach eigenen Worten aber weiter davon aus, dass es am Sonntag für Schwarz-Gelb ohne Mithilfe einer dritten Partei reichen werde. Stegner macht sich bei den Personalien schon mehr (Wunsch)-Gedanken: „Wenn es für Schwarz-Gelb nicht reichen sollte, bekommen Carstensen und der FDP-Spitzenkandidat Kubicki Probleme.“

Dieter Hanisch

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