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Trump verweigere sich dem Rat der Experten, schimpfte Biden in Florida über seinen Kontrahenten.

© LuisxSantana/imago

Twenty/Twenty täglich - noch 4 Tage bis zur US-Wahl: Biden nimmt Texas ins Visier

Mehr als 80 Millionen Amerikaner haben bereits gewählt - trotz dramatischer Infektionszahlen. Unser US-Newsletter, jetzt täglich.

Die USA sind im Wahl-Endspurt. Deshalb informieren wir sie in den kommenden zwei Wochen in unserem US-Newsletter „Twenty/Twenty“ täglich über die Geschehnisse in den Vereinigten Staaten. Heute schreibt Juliane Schäuble aus dem nass-kalten Washington und blickt auch auf Florida, wo Biden und Trump sich ein Fernduell liefern. Zum kostenlosen Abo geht es hier.

In Washington ist plötzlich der Herbst eingezogen. Konnten wir Hauptstadtbewohner am Mittwochabend noch das milde Spätsommerwetter im Freien genießen, war dieser nass-kalte Donnerstag ein trüber Vorgeschmack auf die kommenden Monate. Angesichts von steigenden Infektionszahlen in 42 Bundesstaaten und einem neuen Rekord von mehr als 87.000 Neuinfektionen an nur einem Tag sehnt sich auch in Washington kaum einer danach, sich mit fremden Menschen in geschlossenen Räumen aufzuhalten. Die „dunklen Monate“, vor denen Joe Biden kürzlich warnte, kündigen sich mit Macht an.

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Und immer noch verweigere Donald Trump sich den Ratschlägen seiner Wissenschaftler, schimpfte Biden bei seinem Auftritt im Swing State Florida. Der Präsident sieht das wenige Tage vor der Wahl natürlich alles anders. Zum Endspurt, zu dem beide Kandidaten nur wenige Stunden nacheinander in Tampa auftraten, behauptete er einmal mehr, das Land sei dabei, die Kehrtwende zu schaffen. Und vor Tausenden von Anhängern, die Schulter an Schulter und weitgehend maskenlos seinen Ausführungen lauschten, erklärte er alles für halb so wild. „Wir kennen das Virus, wir halten Abstand“, sagte Trump. Das Gegenteil, das zeigten die Bilder der Veranstaltung, war der Fall.

Trumps Realitätsverweigerung macht die Arbeit für die Virologen zunehmend schwierig

Trumps Realitätsverweigerung und sein Unwillen, dem Rat seiner wissenschaftlichen Experten zu folgen, macht deren Arbeit zunehmend schwierig. Ein CNN-Bericht, dem zufolge Deborah Birx - die Ärztin, die offiziell immer noch die Corona-Strategie der Regierung koordiniert - bereits im Sommer den Entschluss gefasst habe, das Weiße Haus erstmal zu meiden, wirkt nach den vielen Attacken des Präsidenten auf sie und den Top-Virologen Anthony Fauci durchaus glaubwürdig. In der Regierungszentrale hat nun zunehmend Scott Atlas das Ohr des Präsidenten, ein Radiologe mit keinerlei Seuchenerfahrung, dafür aber vielen steilen Thesen zum Umgang mit der Pandemie.

In Florida sind die Zahlen der Infizierten dramatisch angestiegen

Auch in Florida, einem der Staaten, in denen sich die Wahl entscheiden könnte, sind die Infiziertenzahlen dramatisch angestiegen, nachdem der republikanische Gouverneur und Trump-Vertraute Ron DeSantis fast alle Auflagen wieder zurücknahm. Hier liegt Biden einer neuen Umfrage der Quinnipiac University zufolge inzwischen vorne. Aber der Vorsprung ist mit drei Prozentpunkten so knapp, dass eine eindeutige Prognose, wer sich am Dienstag die wichtigen 29 Wahlleutestimmen des Sunshine States sichern wird, nicht möglich ist. Klar scheint nur zu sein, dass Trump Florida unbedingt gewinnen muss, will er vier weitere Jahre im Weißen Haus bleiben. 2016 gelang ihm dies in dem Swing State aller Swing States mit einem hauchdünnen Vorsprung von 1,2 Prozentpunkten. Einen Überblick, wo sich die Wahl entscheiden könnte, habe ich vor wenigen Tagen hier zusammengestellt.

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Gut 81 Millionen Amerikaner haben landesweit bereits gewählt, mehr als ein Drittel aller registrierten Wähler. Interessant ist auch Texas, wo am Donnerstag – und damit fünf Tage vor der Wahl – bereits 98 Prozent der Wähler von 2016 abgestimmt hatten. Die Demokraten hoffen, dass diese offenbar deutlich steigende Wahlbeteiligung vor allem ihnen nützt. Ein Sieg Bidens käme einem Erdbeben gleich: In Texas hat ein demokratischer Präsidentschaftskandidat das letzte Mal 1976 die Wahl gewonnen. Der hieß Jimmy Carter. Im Durchschnitt der relevanten Umfragen, den die Webseite „realclearpolitics“ erhebt, liegt Trump noch knapp vorne.

Harris tritt in gleich drei texanischen Städten auf

Dass das Biden-Team diesen Staat aber ernsthaft im Visier hat, zeigt Kamala Harris‘ Reiseplan: In gleich drei texanischen Städten wird die Vizepräsidentschaftskandidatin an diesem Freitag auftreten. Auf hochrangigen Besuch wird derweil der District of Columbia auch weiterhin verzichten müssen. Die Hauptstadt ist so eindeutig im Lager der Demokraten angesiedelt, dass hier kein Wahlkämpfer vorbeischauen wird. Am Dienstag hat das „early voting“ begonnen. Und selbst in Washington müssen die Wähler an manchen der insgesamt 32 Wahlstationen Schlange stehen. Immerhin kann man sich im Internet darüber informieren, wo die Wartezeit besonders lang ist. Es ist schon beeindruckend, wie ernst viele Amerikaner ihr wichtigstes demokratisches Recht nehmen.

Wer in vier Tagen das Rennen machen wird, wissen wir frühestens am Mittwochmorgen deutscher Zeit. Vielleicht auch deutlich später, wenn eintritt, was manche Experten befürchten. Evan Osnos, dessen Biografie über Joe Biden in dieser Woche in den USA und auch in Deutschland erschienen ist, glaubt indes, dass es schneller gehen könnte, als viele vermuten. Und dass der Sieger Biden heißt. Warum? Das lesen Sie in unserem Interview.

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