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Politik: U-Boot-Drama: Wie der russische Fernsehreporter Arkadij Mamontow den Kremlchef während der Bergungsaktionen für die "Kursk" erlebte

Die erste Antwort auf die Frage, wie man sich fühlt, wenn man auf einen Schlag weltbekannt wird, ist ein Gähnen. Arkadij Mamontow, der einzige Reporter, der live über das Unglück der "Kursk" berichten durfte, fühlt sich noch immer "müde und zerschlagen".

Die erste Antwort auf die Frage, wie man sich fühlt, wenn man auf einen Schlag weltbekannt wird, ist ein Gähnen. Arkadij Mamontow, der einzige Reporter, der live über das Unglück der "Kursk" berichten durfte, fühlt sich noch immer "müde und zerschlagen". Sechs Tage und fünf Nächte Grauen, in denen er nur für Minuten eindöste, weil das russische Staatsfernsehen RTR fast stündlich über das Geschehen im Katastrophengebiet informierte, sind auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Obwohl der 38-jährige gebürtige Sibirier seit zwölf Jahren fast ausschließlich aus Krisenregionen berichtet. Auch aus dem ersten Tschetschenienkrieg, für den kreml-kritischen Sender NTW.

Doch nichts ging ihm zuvor so nah wie die U-Boot-Katastrophe, die er als "schwärzeste Tage meines Lebens" bezeichnet. Und damit ist er bislang eben so wenig fertig wie mit dem "langen Schweigen meines Präsidenten". Die Medien, meint er dennoch, hätten Unrecht, wenn sie Putin Herzlosigkeit vorwerfen: "Er hat seine Gefühle perfekt im Griff. Für einen Politiker vielleicht zu gut." Bei dem Treffen mit den Angehörigen der toten Matrosen, sagt Mamontow, hätte er Putin erlebt, wie "noch keiner ihn gesehen hat." Putin habe mit feuchten Augen völlig zusammengesunken dagesessen. "Ich habe geglaubt, er könnte jeden Moment umkippen. Er war fertig und hat alles eingesteckt, ohne auch nur den Versuch zu machen, sich zu rechtfertigen."

Im Saal sei viel Marineinfanterie gewesen, um Putin vor Handgreiflichkeiten zu schützen, mit denen schon Vizepremier Klebanow, der die Untersuchungskommission der Regierung leitet, konfrontiert war. Und was hat es mit den Tumulten auf sich, über die westliche Medien unter Berufung auf Augenzeugen berichteten? Mamontow kämpft mit sich selbst. "Die Stimmung war manchmal gereizt, erregt. Mehr sage ich dazu nicht."

Die Vorwürfe der Frauen und Mütter, meint er, hätten sich vor allem auf die anfängliche Ablehnung ausländischer Hilfe konzentriert. Zu Recht, wie Mamontow findet. Für ihn, der sich ähnlich wie die Angehörigen weigert, an das "Unwiderrufliche zu glauben", hat jetzt die Bergung der Mannschaft Priorität. "Höllisch schwer wird das", sagt Mamontow und für ihn ist durchaus nachvollziehbar, dass bisher keine festen Termine genannt wurden. Mamontow ist der einzige Journalist, der die Unterwasseraufnahmen unzensiert gesehen hat und weiß, dass es in dem zerstörten U-Boot aussieht, "wie in einem implodierten Computer, in dem die Explosion Menschen und Maschinenteile zu einem Brei verrührt hat."

Für wichtig hält Mamontow jetzt "maximale Transparenz der Untersuchungen und die ungeschminkte Wahrheit". Putin, sagt er, sei dazu verpflichtet, schon allein, damit "unsere Menschen der Macht wieder glauben."

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