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Übergriffe durch Erzieher: Massiver Kindesmissbrauch in DDR-Heimen

Auch in staatlichen Heimen der DDR hat es offenbar zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen gegeben. Die Leiterin der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau, Gabriele Beyler, sagte dem Tagesspiegel, bei ihr hätten sich bislang 25 ehemalige Insassen von Kinderheimen gemeldet, die von massiven sexuellen Übergriffen durch Erzieher berichteten.

Von Matthias Schlegel

Weitere Berichte sind bei dem CDU-Bundestagsabgeordneten Manfred Kolbe eingegangen, in dessen Wahlkreis Torgau liegt. Auch bei dem von Thüringen eingesetzten Berater für SED-Opfer Manfred May melden sich verstärkt Betroffene. Er vermutet „eine hohe Dunkelziffer“ bei dem „mit großer Scham bedeckten Thema“.

Beyler und Kolbe hatten unter dem Eindruck der jüngsten Missbrauchsdebatten in der alten Bundesrepublik einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie Betroffene aufforderten, über entsprechende traumatische Erlebnisse in DDR-Heimen zu berichten. Die bis jetzt bekannt gewordenen Fälle, in denen es um sexuellen Missbrauch an Sechs- bis 17-Jährigen in ganz unterschiedlichen Heimen geht, sind nach Ansicht Beylers nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt gab es in der DDR 474 staatliche Kinderheime. Davon waren 38 sogenannte Spezialkinderheime und 32 Jugendwerkhöfe, in denen jene Kinder verwahrt wurden, die als schwer erziehbar und verhaltensauffällig galten. Kolbe sagte, der sexuelle Missbrauch in diesen Heimen „scheint einen beachtlichen Umfang gehabt zu haben“.

In einem Brief an Familienministerin Kristina Schröder (CDU) fordert Kolbe, Vertreter der Gedenkstätte Torgau am geplanten Runden Tisch zur Aufarbeitung der sexuellen Übergriffe zu beteiligen, der am 23. April zum ersten Mal tagen soll. Das Thema müsse gesamtdeutsch aufgearbeitet werden. „Es gibt keine Opfer erster oder zweiter Klasse“, sagte Kolbe.

Weitere Vorwürfe gegen Katholische Kirche

Unterdessen hat das Bistum Augsburg einen Bericht zurückgewiesen, demzufolge der heutige Bischof Walter Mixa in den siebziger und achtziger Jahren als Stadtpfarrer von Schrobenhausen Heimkinder geschlagen haben soll. Diese Behauptungen seien „absurd und unwahr“, hieß es in der Stellungnahme. Mixa habe in seinen jeweiligen Wirkungsbereichen „zu keinem Zeitpunkt körperliche Gewalt gegen Kinder oder Jugendliche angewendet“. Das Bistum behalte sich gegen entsprechende Behauptungen rechtliche Schritte vor. In dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ erheben fünf ehemalige Heimkinder des Kinder- und Jugendhilfezentrums St. Josef in Schrobenhausen schwere Vorwürfe. In eidesstattlichen Erklärungen versichern die drei Frauen und zwei Männer demnach, Mixa habe sie damals mehrmals geschlagen.

Die Telefon-Hotline, die der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Kirche am Dienstag freigeschaltet hat, wird offenbar rege in Anspruch genommen. Bereits am ersten Tag seien 162 Gespräche geführt worden, teilte das Bistum Trier mit. Insgesamt hätten seither rund 4460 Anrufer versucht, bei der Beratungs-Hotline durchzukommen.

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