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Abhör-Demonstration. Auf einem Bildschirm, auf dem das Logo des US-Geheimdiensts NSA zu sehen ist, wird eine Ausspähung des Merkel-Handys simuliert.

© Reuters

Überwachungs-Affäre: Selbst Spionage-Verteidiger fordern Schranken für NSA

Auf einen Stopp geheimdienstlicher Informationssammlung gegenüber befreundeten Staaten will sich das Weiße Haus nicht festlegen, in den USA fordern jetzt aber auch bisherige Überwachungs-Freunde striktere Regeln für die NSA.

Am 9. August schien es US-Präsident Barack Obama, als er im Weißen Haus vor die Medien trat, noch ausreichend, nach den Enthüllungen des Ex-NSA-Mannes Edward Snowden ein paar beruhigende Maßnahmen anzukündigen. Nach den „Spiegel“-Enthüllungen zur Überwachung des Handys von Kanzlerin Angela Merkel ist inzwischen klar: Die im Sommer angekündigte Transparenzoffensive greift viel zu kurz. Jetzt erreichen aussichtsreiche Gesetzentwürfe zur Einschränkung der Überwachung das US-Repräsentantenhaus, selbst hartgesottene Verteidiger der NSA-Spionage im Senat kündigen das Ende vieler Überwachungsmaßnahmen an.

„Was die Sammlung geheimdienstlicher Informationen über die Führer unserer Partner und Alliierten durch die NSA angeht – inklusive Frankreich, Spanien, Mexiko und Deutschland: Ich bin absolut dagegen“, sagte Senatorin Dianne Feinstein, Chefin des Senats-Geheimdienstausschusses am Montagabend (Ortszeit). Feinstein war bislang eine der einflussreichsten Verteidigerinnen der NSA-Aktivitäten. „Das Weiße Haus hat mich informiert, dass die Sammlung bei unseren Partnern gestoppt werde“, sagte sie. Die Senatorin kündigte an, dass der Geheimdienstausschuss eine großangelegte Überprüfung starten werde, „um dies zu beenden“. Sie fügte an, nach ihrem Verständnis sei Obama nicht im Bilde über die Überwachung von Merkel seit dem Jahr 2002 gewesen. „Und das ist ein großes Problem.“

Noch keine endgültige Entscheidung

Den Stopp geheimdienstlicher Informationssammlung gegenüber befreundeten Staaten, wie von Feinstein angekündigt, will das Weiße Haus so jedoch nicht stehen lassen. Es habe noch keine endgültigen Entscheidungen gegeben, hieß es nach der verärgerten Stellungnahme der Senatorin. Einige Entscheidungen seien getroffen worden, andere würden folgen. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin Hayden, verwies auf die von Obama im August angekündigte Überprüfung aller Maßnahmen.

Obama hat zur Sprachregelung gegriffen, dass Merkel weder in der Gegenwart noch in der Zukunft Ausspähungsziel sei. Und während er im Rahmen dieser Sprachregelung diese Überwachung offenbar gestoppt hat, lässt sich das Weiße Haus in anderen Fällen, in denen US-Sicherheitsinteressen durch politische Umstürze oder potenzielle terroristische Aktivitäten direkter berührt sein könnten, möglicherweise mehr Spielraum. Deutschland indes bemüht sich um das sogenannte No-Spy-Abkommen und schickt in Kürze eine hochrangige Delegation nach Washington. Die „New York Times“ zitiert US-Regierungsmitarbeiter mit der Aussage, bei Merkel seien nicht nur Verbindungsdaten gesammelt, sondern auch Gespräche mitgehört worden. Das UN-Hauptquartier in New York ist US-Regierungsvertretern zufolge nicht mehr im Visier der NSA. Obama habe den Geheimdienst jüngst angewiesen, die elektronische Überwachung des Sitzes der Vereinten Nationen zu beenden, sagte ein ranghoher Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Der unter der Bedingung der Anonymität sprechende Insider äußerte sich nicht zum Umfang der Spionageaktivitäten gegen die UN.

Wichtigstes Mittel im Anti-Terror-Kampf

Mitglieder des Repräsentantenhauses haben bereits Vorschläge zur Beschränkung der NSA-Aktivitäten fertig. Demnach müsste etwa die flächendeckende Sammlung von Verbindungsdaten in den USA gestoppt werden. Voraussetzung einer gerichtlichen Überwachungsanordnung wäre dann der Zusammenhang zu Terror-Ermittlungen und zu feindlicher Agententätigkeit. Gesetzesänderungen müssten von beiden Häusern des US-Kongresses verabschiedet werden.

Bisher hatte sich der Senat sehr viel zurückhaltender als das Repräsentantenhaus gezeigt. In einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss im Abgeordnetenhaus verteidigte NSA-Chef Keith Alexander die Späh-Programme als wichtiges Mittel im Anti-Terror-Kampf verteidigt. Auch Geheimdienstdirektor James Clapper nahm die Behörde in Schutz. Nur für „gültige Geheimdienst-Belange“ würde ausspioniert, aber niemals unrechtmäßig, sagte er.

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