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Julia Timoschenko.

© dpa

Ukraine: Julia Timoschenko: Kiew prüft deutsches Angebot

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft bestätigt Gespräche über eine Behandlung der früheren Ministerpräsidentin in der Berliner Charité. Gleichzeitig werden neue Ermittlungen gegen die inhaftierte Politikerin geführt.

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat Gespräche mit Deutschland über eine Behandlung der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko in der Berliner Charité bestätigt. „Solche Verhandlungen werden derzeit geführt, solche Vorschläge werden gegenüber der Ukraine gemacht“, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Renat Kuzmin dem Tagesspiegel. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte: „Entscheidend ist, dass Julia Timoschenko eine sachgerechte Behandlung bekommt. Dies machen die deutsche Botschaft in Kiew und das Auswärtige Amt ukrainischen Stellen gegenüber sehr deutlich.“

Bei seinem Besuch in Berlin traf Kuzmin am Samstag auch den Charité-Chef Karl Max Einhäupl. „Wir haben uns über die medizinische Situation von Frau Timoschenko ausgetauscht und erläutert, welche Möglichkeiten es gibt, in der Charité eine Behandlung durchzuführen“, sagte Einhäupl dem Tagesspiegel. Auf Vermittlung Deutschlands hatten Einhäupl und ein weiterer Spezialist von der Charité im Februar die berühmteste Gefangene der Ukraine im Straflager in Charkiw untersucht. „Sie braucht dringend eine Behandlung“, sagte Einhäupl. „Die Krankheit hat mittlerweile ein chronisches Stadium erreicht.“ Auch in einer deutschen Haftanstalt wäre eine erfolgreiche Behandlung wahrscheinlich nicht durchführbar, betonte der Neurologe. Timoschenko leidet nach Angaben ihrer Tochter unter einem Bandscheibenvorfall, hat starke Schmerzen und kann kaum gehen. Zu den von den ukrainischen Behörden beauftragten Ärzten hat sie kein Vertrauen.

„Die Ukraine prüft intensiv den Vorschlag der deutschen Ärzte, sie außerhalb des Straflagers zu behandeln, einschließlich der Möglichkeit, sie in Deutschland zu behandeln“, sagte Kuzmin. Allerdings zweifelte er zugleich an, dass Timoschenko ernsthaft erkrankt ist: Es gebe keine Hinweise, die eine externe medizinische Behandlung oder gar eine Behandlung in Deutschland erforderlich machen würden, betonte er. In dem Straflager hätten 150 Frauen die gleiche Diagnose. Einige hätten schon darum gebeten, auch in der Charité, „der besten Klinik Europas“, behandelt zu werden. „Oder ist die Wohltätigkeit der Deutschen nur auf eine einzige Frau beschränkt?“ Damit würden „doppelte Standards“ angewendet, kritisierte Kuzmin.

Die Oppositionsführerin Timoschenko, während der orangen Revolution 2004 Gegenspielerin des heutigen Präsidenten Viktor Janukowitsch, war im Oktober 2011 wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit einem Gasgeschäft mit Russland zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Verfahren wird von der Europäischen Union als politisch motiviert kritisiert, die Ratifizierung eines neuen Abkommens zwischen der EU und der Ukraine wurde wegen des Falls verschoben.

Während über die Behandlung von Timoschenko verhandelt wird, haben die Staatsanwälte in Kiew neue Ermittlungen gegen Timoschenko eingeleitet. Ihr wird nun vorgeworfen, 1996 mit dem früheren Premier Pawlo Lazarenko einen Auftragsmord an einem Abgeordneten und geschäftlichen Konkurrenten organisiert und finanziert zu haben. Dafür gebe es „mehrere Beweise“, sagte Kuzmin.

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