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Politik: Ukraine: Krise vorerst entschärft

Warschau - Der Spuk ist vorbei – vorerst. Für einige Stunden schien die Ukraine am Rand eines Bürgerkrieges zu taumeln, dann aber haben sich Premier und Präsident auf den 30.

Warschau - Der Spuk ist vorbei – vorerst. Für einige Stunden schien die Ukraine am Rand eines Bürgerkrieges zu taumeln, dann aber haben sich Premier und Präsident auf den 30. September als Termin für Neuwahlen geeinigt. Fraglich aber ist, ob dieser Termin eingehalten wird. Die Einigung zwischen Juschtschenko und seinem Rivalen Viktor Janukowitsch soll das furiose Ende einer wochenlangen Auseinandersetzung markieren, bei der am Ende kaum mehr einzuschätzen war, was inszenierter Operettendonner war und was reale Bedrohung.

Erstaunlich die Hilflosigkeit, mit der die Europäische Union dem Treiben zugesehen hat. Das mag seinen Grund darin haben, dass Brüssel schlicht der Gesprächspartner abhandengekommen ist. Denn bisher war für den Westen die Welt in der Ukraine in Gut und Böse eingeteilt. Auf der einen Seite stand Viktor Juschtschenko, Demokrat und Held der Orangenen Revolution, auf der anderen Viktor Janukowitsch, Oligarchenfreund und Vasall des Kremls.

Doch dieses Bild ist wie weggewischt. Denn der Präsident hat sich in dieser Auseinandersetzung verhalten wie ein machtbesessener Autokrat. Ohne auf fundamentale Regeln der Demokratie Rücksicht zu nehmen, löste er das Parlament auf, drangsalierte das unabhängige Verfassungsgericht, entließ den ihm verhassten Generalstaatsanwalt und versuchte schließlich, die Befehlsgewalt über die Truppen des Innenministeriums an sich zu reißen.

Dennoch wird der Westen bei dem für September angesetzten Urnengang wieder die Karten auf den Präsidenten Juschtschenko setzen müssen. Premier Janukowitsch hat zuletzt zwar eine vorsichtige Annäherung an den Westen unterstützt, die allerdings nicht gerade seiner politischen Überzeugung entspringt. Der Regierungschef und die ihm eng verbundenen Oligarchen aus dem russisch dominierten Osten des Landes wollen vor allem die Tür zu den großen Absatzmärkten im Westen offen halten. So gesehen ist der in seinem Denken prowestlich eingestellte Janukowitsch doch wieder die bessere Wahl. Knut Krohn

Knut Krohn

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