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Hoffnung in der Ukraine.

© Reuters

Ukraine: Mit halbem Herzen gegen Korruption

Die Regierung der Ukraine muss die Korruption bekämpfen - sonst will die internationale Gemeinschaft nicht helfen. Das Volk hofft, dass es gelingt.

Die Korruption zählt zu den Hauptübeln in der Ukraine – bei dieser Analyse herrscht allgemeine Einigkeit. Die internationale Gemeinschaft aus EU, USA und Finanzinstitutionen will der Ukraine deshalb auch erst dann finanziell unter die Arme greifen, wenn das Problem tatsächlich bekämpft wird. Auch die Ukrainer selbst wünschen sich, dass die Verantwortlichen in der Politik nun endlich gegen Korruption und Vetternwirtschaft vorgehen.

In dieser Woche soll das Parlament in Kiew über mehrere Antikorruptionsgesetze debattieren. Das soll erst der Auftakt einer ganzen Reihe von Gesetzesänderungen sein, die mehr Transparenz, eine Neuordnung des öffentlichen Sektors und ein größeres Maß an Mitbestimmung vorsehen. Den Abgeordneten liegt das Gesetz zur Schaffung eines Immobilienregisters und der Offenlegung von Steuererklärungen vor. Zudem geht es um Berufsverbote bestimmter Personen im öffentlichen Dienst. Jeder Ukrainer sollte dann das Recht haben, sich darüber zu informieren, wem Immobilien gehören und welche Bauvorhaben geplant sind. Zudem sollen Abgeordnete und Beamte ihre Steuererklärungen öffentlich machen.

Stellen nur auf dem Papier

Die Übergangsregierung hat mit Tanja Tschornowol und Jegor Sobolew zwar externe Korruptionsbekämpfer und Maidan-Aktivisten an den Kabinettstisch geholt. Allerdings gibt es einen Schönheitsfehler: Das Antikorruptionsbüro Tschornowols und das sogenannte Lustrationskomitee, das Sobolew leitet, existieren bisher weitgehend nur auf dem Papier. Tschornowol berichtet, dass sie zusammen mit ihren Mitstreitern zwar Gesetzentwürfe ausarbeite, das Parlament aber keine große Eile zeige, diese zu diskutieren. Auch Sobolew beklagt sich. Man stehe zwar mit dem Justiz- und dem Innenministerium in Kontakt, würde aber nicht an Kabinettssitzungen teilnehmen. Von einem Aufbau seiner Behörde könne keine Rede sein. Auch Kyrill Savin, Leiter des Kiewer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung, verweist darauf, dass große Teile der politischen Klasse in der Ukraine kein Interesse an einer ernsthaften Bekämpfung der Korruption haben.

Der 37-jährige Sobolew war bis zum vergangenen Herbst Wirtschaftsjournalist. Seit den Maidan-Protesten gilt er als eine der Hauptfiguren beim Umbau einer Ukraine, die Europa zugewandt ist. Die Korruptionsbekämpfung soll nach seiner Meinung nach polnischem und georgischem Vorbild ablaufen. Damit das nachhaltig gelingt, müssten sogenannte „alte Kader“ etliche Posten in der Regierung und im öffentlichen Dienst räumen. Sobolew zieht auch Parallelen zu Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und nach 1989. Er erinnert daran, dass damals bestimmte Gruppen ein Berufsverbot für den öffentlichen Dienst und für politische Ämter erhalten hätten. So solle auch mit der früheren ukrainischen Führung unter Expräsident Viktor Janukowitsch und mit korrupten Beamten umgegangen werden.

Was macht das Parlament?

Den Ukrainern gefällt das. In einer Talkshow stimmten die Zuschauer über einige Gesetzesentwürfe ab, die diese Woche im Parlament behandelt werden sollen. „Es geht uns nicht um Rache, sondern darum, dass unser Land eine neue Struktur bekommt“, sagt der Politologe Maxim Latsyba vom Ukrainischen Zentrum für unabhängige Politikforschung. Ob sich das Parlament tatsächlich zu Schritten gegen die Korruption durchringen kann, bleibt abzuwarten. Vielen Abgeordneten ist die Korruptionsbekämpfung ein Dorn im Auge, auch wenn sie das nicht laut sagen. Dagegen sagt der frühere Ministerpräsident Anatoli Kinach ganz offen: „Wir wollen uns keine Vorschriften von außen aufdrücken lassen, auch nicht von Europa.“

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