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Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk.

© Reuters

Ukraine: Regierung wird mit Ausländern besetzt

Die Schlüsselressorts Wirtschaft, Finanzen und Gesundheit werden in der neuen ukrainischen Regierung von „Import-Politikern“ geführt. Sie sollen mit für einen grundlegenden Umbau des Landes sorgen.

Bei der Regierungsbildung in der Ukraine hat es ein Novum gegeben: Ihr gehören drei Ausländer an. Sie werden die Schlüsselressorts Wirtschaft, Finanzen und Gesundheit führen. Von Präsident Petro Poroschenko wurde ihnen im Schnellverfahren die ukrainische Staatsbürgerschaft verliehen. „Ich halte es für eine absolut gute Idee, die vielen Erfahrungen von Ausländern zu nutzen, auch in unsere Regierung“, sagte Poroschenko vor der Abstimmung. Das Parlament stimmte zwar mit Mehrheit für das Kabinett, doch viele hatten Bauchschmerzen, bei dem einen oder anderem dürfte die Entschiedenheit der politischen Führung, nun tatsächlich mit dem Umbau der Ukraine zu beginnen, für Unmut gesorgt haben.

Die prominenteste Ausländerin im neuen Kabinett ist die Amerikanerin Natalie Jaresko. Die Eltern der 49-Jährigen sind ukrainische US-Einwanderer und leben bis heute in Chicago. Jaresko studierte an der Elite-Universität Harvard Verwaltungsrecht und war Anfang der 1990er Jahre beim US-Außenministerium beschäftigt, später wechselte sie zum Internationalen Währungsfonds und betreute dort die Programme für die GUS-Staaten. Als nach der orangenen Revolution der prowestliche Präsident Viktor Juschtschenko an die Macht kam, holte er Jaresko Anfang 2005 als Beraterin für Wirtschafts- und Währungsfragen nach Kiew.

Neuer Kurs, neue Gesichter

Die Mutter zweier Kinder gründete den ersten Private-Eqiuty-Fonds der Ukraine, Horizont Capital gilt heute als einer der größten seiner Art auf dem gesamten Gebiet der früheren Sowjetunion. In einer Rede nach ihrer Wahl sagte Jaresko bereits am 20. Dezember werde sie den Haushalt für 2015 präsentieren, die Hauptaufgaben für das kommende Jahr seien „die Bekämpfung der Korruption und ein generalüberholtes Steuersystem, das dem Land deutlich höhere Haushaltseinnahmen garantiert“.

Vor ähnlich großen Aufgaben steht der neue Gesundheitsminister Alexander Kwitaschwili. Der Georgier war zwischen 2008 bis 2010 Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit in der Regierung des früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili, zuletzt war er Professor an der Staatlichen Universität in Tiflis. Der 44-Jährige Kwitaschwili hat ab 1992 mehrere Jahre in den USA studiert und dort als Gesundheits-Manager gearbeitet. Auf ihn wartet ebenfalls keine leichte Aufgabe.

Ein Gesundheitssystem wie in der UdSSR

Das Gesundheitssystem der Ukraine erinnert in vielem an Zeiten aus der UdSSR, zudem ist es von Korruption durchzogen. Eigentlich ist die Gesundheitsversorgung kostenlos, doch das Recht existiert nur auf dem Papier. Es gibt kaum einen Arzt oder eine Krankenschwester in den staatlichen Gesundheitseinrichtungen, die keine Bestechungsgelder nehmen. So ist es an der Tagesordnung, dass ein Arzt einen Patienten erst untersucht, nachdem der einen Umschlag mit Euros oder US-Dollars herüberreicht.

Je nachdem wie üppig der Inhalt ausfällt, gibt der Doktor dann bekannt, was zur Behandlung nötig ist und welche Medikamente verordnet werden. Dieses System hat zur Folge, dass Menschen mit Geld und erst recht die richtig Reichen in Privatkliniken oder ins Ausland gehen und Arme oftmals gar keinen Arzt aufsuchen. Nach seiner Wahl zum Minister sagte Alexander Kwitaschwili, er wolle der Ukraine ein Gesundheitssystem verordnen, das nicht nur westlichen Maßstäben entspricht, sondern auch tatsächlich Heilung und die Aufrechterhaltung der Menschenwürde garantiere.

Der dritte im Bunde ist Aivaras Abromavicius aus Litauen, er führt das Wirtschaftsministerium. Der 39-Jährige hat zuletzt als Partner bei der Stockholmer Investmentfirma East Capital gearbeitet und die ukrainische Niederlassung der Firma geleitet. Auch er hat in den USA studiert. Bevor er 2000 nach Kiew kam, war er bei der Hansabank in Estland beschäftigt. Wie von den anderen beiden auch, wollten ukrainische Journalisten von den neuen Regierungsmitgliedern wissen, wie hoch ihr Gehalt sein werde. Doch dazu gab auch Abromavicius keine Stellungnahme ab.

Präsident Petro Poroschenko und Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk hatten ihren Landsleuten in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt, dass die Ukraine ohne einen fundamentalen Kurswechsel weder die Modernisierung schaffen werde, noch sich der Lebensstandard der Menschen grundlegend verbessern könne. „Reformen, die unsere Nachbarn in Polen und im Baltikum bereits vor fast zwanzig Jahren begonnen haben, fangen bei uns jetzt erst an“, sagte der Präsident während seiner Rede vor dem Parlament.

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