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Politik: Ulla Schmidts Vergangenheit: Unsinnsgeschichten

Ulla Schmidt muss gewusst haben, dass die alten Geschichten wieder aufgewärmt werden, wenn sie Gesundheitsministerin wird. Kontakte zum Rotlichtmilieu ihrer Heimatstadt Aachen werden ihr vorgeworfen.

Ulla Schmidt muss gewusst haben, dass die alten Geschichten wieder aufgewärmt werden, wenn sie Gesundheitsministerin wird. Kontakte zum Rotlichtmilieu ihrer Heimatstadt Aachen werden ihr vorgeworfen. Dazu soll sie in eine Falschgeldaffäre ihres Aachener Parteifreundes Dieter Schinzel verwickelt gewesen sein, der dort einstmals lokaler SPD-Chef war und wegen Spielschulden vom rechten Weg abgekommen sein soll. Ulla Schmidt verwickelt in Skandale? In Affären? "Nein", antwortete die Ministerin ohne Zögern, als sie mit Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier vor Tagen darüber sprach, welche Geschichten erneut hochgespült werden könnten. Schmidts kurzer Kommentar dazu: "Nichts dran."

Die Nachricht, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die stellvertretende SPD-Fraktionschefin und Rentenexpertin Ulla Schmidt zur Nachfolgerin der zurückgetretenen Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis90/Die Grünen) machen will, hatte in Berlin am vergangenen Mittwoch noch nicht die Runde gemacht, da liefen bei den ersten Journalisten bereits die Berichte über die "Frau mit Vergangenheit" aus den Faxgeräten. Der "Stern" hatte diese Geschichten über Schmidt bereits in den 90er Jahren berichtet. Neu ist also nichts von dem, was jetzt über die SPD-Politikerin in die Schlagzeilen kommt. "Bei jedem Karriereschritt, den ich gemacht habe, versuchten mir Neider Steine und Unsinnsgeschichten in den Weg zu legen", bewertete Ulla Schmidt die Vorgänge.

Ende vergangener Woche waren es zuerst rheinische Zeitungen, die dennoch die Geschichten aufwärmten. "Eine Powerfrau. Mit schillernder Vergangenheit", hieß es da. An diesem Wochenende folgte die Boulevardpresse. "Diäten verpfändet", berichtete "Bild am Sonntag" über Schröders neue Ministerin und fügte in der Unterzeile andeutungsvoll hinzu: "Vergangenheit im Rotlichtmilieu."

Wie aber sah sie wirklich aus, die Vergangenheit der Ulla Schmidt in der Aachener Rotlichtszene? Anfang der 70er Jahre betrieb Schmidts Schwester dort ein Spielcasino und eine Bar namens "Barbarina". Ulla Schmidt jobbte gelegentlich dort. "Ich war Studentin und allein erziehende Mutter und musste Geld verdienen", sagt sie heute. "Da war ich froh, dass ich einmal in der Woche bei meiner Schwester kellnern konnte." Bei einer Razzia seien dort damals auch Porno-Filme beschlagnahmt worden, heißt es weiter. Pornografie war damals noch generell strafbar. Doch manches, das da in den 70ern im "Barbarina" lief, ruft bei Zuschauern im Abendprogramm der einschlägigen Privatsender heute nur noch ein müdes Gähnen hervor.

Schwerer wiegt da schon der Vorwurf, Schmidt habe ihrer Schwester bei undurchsichtigen Finanzgeschäften geholfen. "Unsinn", sagt die neue Ministerin. Sie habe nie irgendetwas Geschäftliches für ihre Schwester erledigt. Auch die Staatsanwaltschaft bescheinigt Schmidt das. Der damalige Oberstaatsanwalt wurde in der "Aachener Zeitung" mit den Worten zitiert: "Es wurde nichts gefunden, was Frau Schmidt vorwerfbar gewesen wäre."

Bleibt der dritte Vorwurf: In den 90er Jahren teilte sich Ulla Schmidt mit dem SPD-Unterbezirkschef und Europaabgeordneten Dieter Schinzel ein Büro. In dessen undurchsichtige Finanzgeschäfte soll sie verwickelt gewesen sein, weil sie für Schinzel Bürgschaften abgab. "Unsinn", sagt sie. "Ich habe für ihn in einer Notlage gebürgt. Dafür habe ich bezahlt." Tatsächlich hat sich die Justiz für Schmidt im Zusammenhang mit den Geschäften ihres Parteifreundes nie interessiert.

Über Regierungssprecher Bela Anda ließ die Gesundheitsministerin daher am Sonntag miteilen, dass sie sich Medienberichte über eine Rotlichtvergangenheit oder Verwicklungen in Finanzaffären nicht mehr bieten lassen will. Schmidt werde juristisch gegen entsprechende Meldungen vorgehen.

Carsten Germis

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