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In dieser Frage sind sich nahezu alle einig: Zuwanderer sollten Deutsch lernen.

© Patrick Pleul/dpa

Umfrage: Der heimisch gewordene Zuwanderer

Eine Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt überraschende Ähnlichkeiten in den Ansichten schon länger hier lebender Migranten und alteingesessener Deutscher.

Von Robert Birnbaum

Werden Zuwanderer, wenn sie lange genug hier leben, zu eifrigeren Deutschen als die Ureinwohner? Einige Befunde einer Umfrage, die die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung am Freitag in Berlin vorstellte, könnten diese Frage nahelegen. So bejahten 83 Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund und 76 Prozent der dauerhaft hier lebenden Ausländer den Satz, dass „Zuwanderer ihr Verhalten der deutschen Kultur anpassen sollten“ – im Schnitt mehr Zustimmung als jene 76 Prozent, die von Deutschen ohne Zuwanderergeschichte kamen.

Auch auf anderen Gebieten zeigen sich Ähnlichkeiten, die, so sagt es die Verfasserin Sabine Pokorny, den Klischees von Menschen mit Migrationshintergrund widersprechen. Das liegt mit an der Anlage der Untersuchung. Anders als in typischen Migrantenstudien wurden je etwa 1000 Ur-Deutsche, Deutsche mit Migrationshintergrund und Ausländer ohne deutschen Pass parallel befragt. Dieses Verfahren zeigt Gemeinsamkeiten wie Unterschiede deutlicher als isolierte Befunde.

Überraschend ähnlich ist zum Beispiel auch die Einschätzung der eigenen Religiosität. 23 Prozent der Migranten und 24 der Ausländer finden sich selbst stark religiös – unter den Deutschen mit 19 Prozent kaum weniger. Fast hundertprozentige Einigkeit herrscht in allen drei Gruppen darüber, dass Deutsch lernen müsse, wer hier lebt – übrigens wieder mit leichtem Vorsprung der Migranten vor den Deutschen ohne Zuwanderer-Vorfahren. Und selbst beim Meckern über die Herrschenden spielt die Herkunft der Eltern keine Rolle: Jeder Zweite findet, dass „die da oben“ eh machten, was sie wollten.

Integration sei möglich, schlussfolgert der als Gastpräsentator geladene Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) aus den Daten, „in erstaunlichem Maße und mehr, als viele gedacht haben“. Das bedeute allerdings nicht, dass jemand seine Herkunft an der Garderobe abgebe. Tatsächlich zeigen sich deutliche Unterschiede vor allem da, wo es um Weltbilder geht. Die Haltung zu Homosexuellen etwa ähnelt unter Migranten eher der in Adenauer-Deutschland, Verschwörungstheorien finden unter Migranten mehr Anklang. Wenn es um Fußball geht, wird es mit der Begeisterung für die deutsche Heimat endgültig kompliziert: Wer ohne deutschen Pass dauerhaft hier lebt, drückt bei einem Spiel Deutschland gegen die alte Heimat meistens dem Heimatverein die Daumen, bei hier geborenen oder eingebürgerten Deutschen aus Migrantenfamilien ist es umgekehrt.

Erfasst hat die Studie – beim Auftraggeber naheliegend – auch parteipolitische Zu- und Abneigungen. Die Ergebnisse bestätigen ältere Befunde: Das türkische Milieu neigt eher der SPD zu, Russlanddeutsche und polnische Auswanderer – die einzigen Untergruppen, über die genug Material für belastbare Aussagen vorliegt – eher der Union. Eine simulierte „Sonntagsfrage“ zeigt aber ein sehr ähnliches Balken-Bild wie die entsprechenden Umfragen unter allen Wahlberechtigten – wobei die Linke schwächer abschneidet und die AfD nur unter Spätaussiedlern wenige Anhänger findet. Allerdings fand die Umfrage Anfang 2015 statt – weit vor der Flüchtlingskrise.Robert Birnbaum

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