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Politik: Umfragen: Sozialdemokraten in Holland vorn

Konservativer Premier Balkenende schließt große Koalition aus / Wahlbeteiligung geringer als 2002

Den Haag. Nach der jüngsten Umfrage zu den niederländischen Parlamentswahlen, die am Dienstagabend von einem der öffentlichen Fernsehsender der Niederlande verbreitet wurde, sind nun erstmals die Sozialdemokraten Spitzenreiter in der Wählergunst. Sie würden in der 150 Mitglieder zählenden Zweiten Kammer 43 Mandate erhalten, die Christdemokraten unter dem amtierenden Premier Jan Peter Balkenende dagegen nur 42. Die Umfragen gelten aber als wenig zuverlässig, da nach Untersuchungen etwa 25 Prozent der Wähler ihre Entscheidung erst am Wahltag fällen werden.

Die Sozialdemokraten hatten bei den letzten Parlamentswahlen im Mai die schwerste Niederlage der Nachkriegsgeschichte einstecken müssen, nach der Parteichef Ad Melkert alle Ämter niedergelegt hatte und ins Ausland gezogen war. Die Mandatszahl der „Partei der Arbeit“ war auf die Hälfte zurückgegangen. Der plötzliche Erfolg der Sozialdemokraten ist zu großen Teilen die persönliche Leistung von Wouter Bos, der erst seit kurzem Parteichef ist und der es geschafft hat, der Partei ein frisches Image zu geben.

Premier Balkenende hat am Dienstagabend nach Bekanntwerden der für die Sozialdemokraten so positiven Umfragewerte bereits reagiert, indem er auf Distanz zu einer rechnerisch möglichen Koalition mit ihnen ging. Er befürworte ein Zusammengehen mit den Liberalen. Diese sind nach den letzten Umfragen aber zu schwach, um einer Zweiparteienkoalition eine Mehrheit zu verschaffen. Die Erneuerung der Dreiparteienkoalition mit der populistischen „Liste Pim Fortuyn“ (LPF) schloss Balkenende aus. Das wäre unglaubwürdig. Wegen der Querelen innerhalb der LPF hatten Rechtsliberale und Christdemokraten im Oktober letzten Jahres nach nur 87 Tagen an der Macht die Koalition aufgekündigt und Neuwahlen ausschreiben lassen.

Für Balkenende kommt der Erfolg von Wouter Bos zur Unzeit: Stellt dessen Partei die größte Fraktion in der künftigen Zweiten Kammer, wird voraussichtlich nicht Balkenende, sondern der Amsterdamer Bürgermeister Job Cohen neuer Premier. Für eine Koalition mit den Rechtsliberalen, die den Christdemokraten das Amt des Regierungschefs garantieren würde, reichen aber nach den bisherigen Umfragen die Mandate nicht aus. Bis zum frühen Mittwochnachmittag lag die Wahlbeteiligung etwa zwei Prozent unter der Beteiligung bei der letzten Wahl am 15. Mai.

Klaus Bachmann

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