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Umfragewerte: Unionsspitze unter Druck

Angesichts schlechter Umfragewerte sieht sich die Unionsspitze zunehmend mit Forderungen nach einer Kurskorrektur konfrontiert. Parteiinterne Kritiker fordern Nachbesserungen bei den Themen Gesundheit und Lohnnebenkosten.

Berlin - "Die Zahlen zeigen: Die CDU verunsichert ihre Stammwähler", sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) der "Bild am Sonntag". Als klare Botschaft an die Wähler verlangte er, den Arbeitslosenbeitrag stärker zu senken als bisher von der großen Koalition geplant. Dies forderte auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in der "BZ am Sonntag". Nachbesserungen an der geplanten Gesundheitsreform, wie sie Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) am Wochenende verlangte, lehnte Kauder hingegen ab.

Schönbohm sagte, viele CDU-Wähler seien enttäuscht über den politischen Kurs der Parteispitze. "Wir verlieren offensichtlich bisherige Stammwähler, ohne neue Wählerschichten zu erschließen", kritisierte der brandenburgische CDU-Landesschef. Als Gründe für die Entfremdung zwischen Basis und Parteispitze nannte er die Gesundheitsreform und die Mehrwertsteuererhöhung.

Kauder stellte am Wochenende eine Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 2,5 Prozentpunkte in Aussicht, 0,5 Punkte mehr als geplant. Der Vorsitzende des Arbeits- und Sozialausschusses, Gerald Weiß (CDU), machte sich im "Focus" sogar für eine Senkung um insgesamt drei Prozentpunkte stark. BA-Chef Frank-Jürgen Weise sieht dafür jedoch trotz des unerwartet hohen Überschusses der Bundesagentur für Arbeit keinen Spielraum. "Wenn man den Beitragssatz weiter senken will, muss die Politik sagen, ob und wo wir bei den Pflichtleistungen kürzen sollen", sagte er der "Welt am Sonntag".

Kritik an Pofallas Vorschlag

Auf scharfe Kritik aus der SPD stieß indes am Wochenende der Vorschlag von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, erwachsene Kinder mit ausreichendem Einkommen künftig auch für ihre arbeitslosen Eltern aufkommen zu lassen. "Der Union geht es offenbar darum, den deutschen Sozialstaat in die vor-bismarcksche Zeit zurückzuversetzen", empörte sich Juso-Chef Björn Böhning in der "Passauer Neuen Presse" vom Samstag. Pofalla bekräftigte jedoch im Tagesspiegel vom Sonntag seinen Vorschlag. Unterstützung erhielt er dabei vom Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann.

Austermann schrieb in einem Gastbeitrag für die "BamS", bei der Gesundheitsreform helfe nur eine Generalrevision. Es fehle der Mut, die Leistungen auf das "für die Gesundheit Erforderliche" zu beschränken. Der geplante Gesundheitsfonds erinnere "fatal an die überflüssige Bürokratie der Hartz-IV-Reform". Auch der Parlamentskreis Mittelstand der Unionsfraktion forderte laut "Spiegel" in mehreren Punkten Nachbesserungen.

"Eigenes Profil deutlicher machen"

Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger sagte der "BamS": "Wir haben derzeit Gegenwind von Seiten der Bundespolitik! Ich hoffe, dass sich das ändert." Der rheinland-pfälzische CDU-Landeschef Christian Baldauf forderte: "Die CDU muss in der großen Koalition das eigene Profil deutlicher machen."

Die Schwäche der Union in den Umfragen beflügelte Diskussionen innerhalb der Opposition über künftige Regierungskonstellationen. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte der "BamS", er würde eine so genannte Jamaika-Koalition mit Union und FDP gleichrangig behandeln mit der rot-gelb-grünen Ampelvariante. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte der ARD, er beobachte diese Diskussion mit Interesse. Dass eine Jamaika-Koalition nach der Bundestagswahl nicht ernsthaft sondiert worden sei, habe nicht an der FDP, sondern an den Grünen und der CSU gelegen. (tso/AFP)

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