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Die AfD-Parteivorsitzende Frauke Petry Ende April auf dem 5. AfD Bundesparteitag in Stuttgart.

© Marijan Murat/dpa

Umgang mit den Populisten: Die Volksparteien sollten die AfD nicht dämonisieren

Die Volksparteien müssen selbstbewusst die inhaltlichen Positionen der AfD infrage stellen - und die eigenen vertreten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Endlich, möchte man sagen. Die SPD hat ja lange genug so getan, als ginge sie diese "Alternative für Deutschland" nichts an: ein Problem für die Union, nicht für uns. Das war wahlarithmetisch immer schon falsch und stimmte mit Blick auf die Wähler genauso wenig, die sich auch von den sozialdemokratischen Rändern zu der neuen Truppe hinbewegen. Insofern ist es überfällig, wenn Parteivize Olaf Scholz sich jetzt auf sechs Seiten Gedanken darüber macht, wie mit dieser "Partei der schlechten Laune" umzugehen sei. Und insofern ist es auch klug, was der frühere Generalsekretär der eigenen Volkspartei rät: nicht dämonisieren, nicht pauschal zu Neonazis mit Schlips und Anzug erklären, also nicht in die Polarisierungs- und Polemisierungsfalle laufen, sondern nüchtern und selbstbewusst die inhaltlichen Positionen der AfD infrage stellen und die eigene vertreten: "Wir sind liberal, aber nicht doof."

Klug ist diese Strategieempfehlung vor allem deshalb, weil sie auf die Stärkung der eigenen Abwehrkräfte zielt statt auf den Versuch, die neue Konkurrenz sozusagen ungeschehen zu machen. Endlich, möchte man auch hier sagen. Denn wenn etwas der AfD dabei hilft, sich immer fester und sicherer im Parteiensystem zu behaupten, dann sind es Volksparteien, die wie besessen gegen sie anrennen.

Wohin das führt, ist im Moment bei der Union zu besichtigen. Speziell die CSU erweckt mittlerweile den Eindruck, dass all ihre Gedanken nur noch um das Schreckgespenst kreisen und darum, wie man es bannen könnte.

Der Kampf zwischen CDU und CSU nimmt immer neue absurde Züge an

Weil sich die CDU ziemlich konsequent weigert, den Populisten den gleichen Stellenwert einzuräumen, ist seit Monaten ein Geschwisterkampf im Unionslager im Gang. Der nimmt immer neue absurde Züge an. Von Horst Seehofers "Notwehr" über den Rohrkrepierer der Verfassungsklage gegen die Kanzlerin bis zu düster angedeuteten Drohungen mit Varianten der Kreuther Trennungsstrategie reichen die Versuche aus München, die nur ein Ziel haben: der CSU ihr Monopol auf die Partei der schlechten Laune zurückzuholen.

Das hatten sie ja lange, die Christsozialen: Hier eine "Ausländermaut" als Futter für die alltägliche Fremdenfeindlichkeit, da ein Bierzelt-Aschermittwoch, dort ein Anti-Brüssel-Ausfall oder ein Ruf nach einem "Islam-Gesetz". Als es noch keine AfD gab, halfen solche symbolischen Auftritte, einen Teil der Menschen zu binden, die mit dem Lauf der Welt und ihres eigenen Daseins unzufrieden sind. Seit es die AfD gibt, klingen sie nur noch wie ein Echo des neuen Übellaune-Meisters.

Die AfD rechts zu überholen, kommt freilich selbst für eine sehr verzweifelte CSU nicht infrage. Also versuchen sie, unter lautem Hupen Angela Merkel nach rechts zu drängen. Das klingt allerdings logischer, als es ist. Die CSU verdankt ihren nachhaltigen Erfolg als Volkspartei in Bayern der gleichen Öffnung zur Mitte hin, die sie Merkel vorwirft. Die Wehrpflicht, nur als Beispiel, hat ein CSU-Verteidigungsminister gekippt.

Horst Seehofer beschwört ein Phantom

Die Rempeleien gegen die eigene Kanzlerin stärken darum auch nicht die eigenen Abwehrkräfte. Sie verschleißen sie. Seehofer versucht, die AfD ungeschehen zu machen, indem er die Flüchtlingskanzlerin ungeschehen machen will, die es seit Monaten gar nicht mehr gibt. Er beschwört ein Phantom, an das außer seinem Gefolge nur noch eine Gruppe ganz fest glauben will: die "Alternative für Deutschland" und ihre Wähler.

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