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Politik: Umschulung nur bei Job-Aussicht

Die Union will eine Arbeitsmarkt-Wende einleiten – sie weiß nur noch nicht, wie sie es bezahlen soll

Berlin – Die Union will die Arbeitslosigkeit im Falle eines Wahlsiegs auch mit Kombilöhnen für Geringverdiener bekämpfen. „Wir denken sehr ernsthaft darüber nach, wie man Arbeitslöhne für einfachere Tätigkeiten, die allein zum Leben nicht reichen, mit staatlichen Transfers so ergänzen kann, dass die Menschen dauerhaft eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommen“, sagte Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) in einem Interview mit der „Super Illu“. Entsprechende Vorschläge seien Grundlage für die Beratungen zum Wahlprogramm, das am 11. Juli vorgestellt werden soll.

Dass bald bundesweit Kombilöhne eingeführt werden, damit rechnet in der Union allerdings keiner. Niedriglöhne zu subventionieren, kostet den Staat Milliarden. Deshalb setzt CDU-Chefin Merkel zunächst auf Arbeitsmarktreformen, die nichts kosten, aber schnell umgesetzt werden können. Seit längerem treten CDU und CSU für Änderungen im Arbeitsrecht ein: Der Kündigungsschutz soll weiter gelockert werden. Betriebliche Bündnisse für Arbeit, bei denen die Unternehmensführung mit dem Betriebsrat und den Belegschaften über Abweichungen vom Tarifvertrag verhandeln, sollen gesetzlich verankert werden.

Auch in der Arbeitsmarktpolitik kündigen Unions-Politiker neue Akzente an: Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von derzeit 6,5 auf 5 Prozent absenken, indem arbeitsmarktpolitische Instrumente beschnitten werden. Mit monatelangen Programmen, die am Ende nicht zu einem Job führten, müsse Schluss sein, sagte Koch der „Bild am Sonntag“. „Umschulungen und Qualifizierungen gibt es nur noch, wenn die konkrete Hoffnung auf einen Arbeitsplatz besteht“, sagte Koch.

Um die Arbeitslosenbeiträge in dem Umfang abzusenken, wären allerdings Einsparungen von rund 12 Milliarden Euro notwendig. Für die gesamte aktive Arbeitsmarktpolitik – von Existenzgründungshilfen über Weiterbildung, ABM bis zu berufsvorbereitenden Kursen für Jugendliche – gibt die Bundesagentur für Arbeit (BA) in diesem Jahr insgesamt nur 14 Milliarden Euro aus. In den letzten Jahren hat die Nürnberger Behörde dafür gesorgt, dass Umschulungen und viele Weiterbildungskurse nur noch im Ausnahmefall genehmigt werden – wenn nachweisbare Chancen auf einen Einstieg in den Arbeitsmarkt bestehen.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) bezeichnete Kochs Forderung „im Grundsatz als vollkommen richtig“. Das Ziel aktiver Arbeitsmarktpolitik müsse der erste Arbeitsmarkt sein, sagte er dem Tagesspiegel. „Mehrere Arbeitsbeschaffungs- und andere Maßnahmen nacheinander, die zu keiner dauerhaften Beschäftigung führen, sind nicht nur teuer, sondern fördern auch Frustration“, sagte Althaus. Der CDU-Politiker verwies allerdings auf die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern und deutete an, dass hier die aktive Arbeitsmarktpolitik nach wie vor eine Rolle spielen müsse: „Wir dürfen nichts unversucht lassen, um Talente, Fähigkeiten und Eignungen für den ersten Arbeitsmarkt festzustellen und zu entwickeln.“

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