zum Hauptinhalt
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Berlin.

© Fabian Sommer/dpa

Exklusiv

Umstrittene Klimastiftung in Mecklenburg-Vorpommern: Schwesig weihte Scholz und Maas zuerst in ihre Pläne ein – dann Merkel

Die Ministerpräsidentin wandte sich in der Bundesregierung zunächst an Parteikollegen und dann an die Kanzlerin. Was genau sie kommunizierte, ist ihr entfallen.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat die Bundesregierung offenbar frühzeitig über die Absicht informiert, US-Sanktionen gegen den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee mittels einer Umweltstiftung mit eigenem Geschäftsbetrieb zu umgehen. Das geht aus Antworten der Schweriner Staatskanzlei auf Tagesspiegel-Anfragen hervor.

Bereits im Zeitraum ab Ende November 2020 habe Schwesig dazu mit dem damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem damaligen Außenminister Heiko Maas (SPD) telefoniert, heißt es.

Zudem habe sie sich am 18. Dezember 2020 mit der früheren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt in Berlin persönlich getroffen. Dabei sei es, wie in den Gesprächen mit Scholz und Maas, um die „Problematik der US-Sanktionen“ und die von der Landesregierung beabsichtigte Gründung der Stiftung gegangen.

Kritiker werfen Schwesig vor, der Klimaschutz sei nur vorgeschoben

Die umstrittene Stiftung Klima- und Umweltschutz Mecklenburg-Vorpommern hat für Nord Stream 2 im vergangenen Jahr Geschäfte im Umfang von 165 Millionen Euro getätigt. Unter anderem hat sie ein Schiff gekauft, um die Pipeline am Ostseeboden zu befestigen. Finanziert wird sie maßgeblich mit Geld aus russischen Gasgeschäften.

[Lesen Sie zudem: Verträge in Höhe von 165 Millionen Euro – Wie eine Landes-Stiftung Geschäfte für Gazprom machte (T+)]

Kritiker werfen Schwesig und der Stiftung vor, Klimaschutz sei nur der vorgeschobene Stiftungszweck gewesen. In Wahrheit sei es von Anfang an um Fertigstellung des Pipeline-Projekts gegangen. Schwesig will die Stiftung nun auflösen.

Zuvor hatte die Landesregierung bereits Kontakte des damaligen Energieministers Christian Pegel (SPD) mit dem damaligen Finanzminister Scholz und dem früheren Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bestätigt, bei denen es um die Stiftung gegangen sei.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Den Angaben zufolge hat auch der frühere Schweriner Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) vor der Kabinettsentscheidung zur Stiftung am 6. Januar 2021 mit Merkel und Altmaier gesprochen. Wann genau Pegel und Glawe ihre Mitteilungen machten, ist jedoch bisher unklar.

Staatskanzlei benötigte acht Wochen für Auskünfte

Hinsichtlich des wirtschaftlichen Stiftungs-Geschäftsbetriebs bleibt offen, was die Bundesregierung ab November 2020 im Einzelnen erfuhr. Über Umfang und Leistungen habe Schwesig nicht informiert, teilte die Staatskanzlei mit.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

An weitere Inhalte der Telefonate mit den damaligen Ministern Scholz und Maas sowie der Besprechung mit Merkel kann sich Schwesig offenbar nicht mehr exakt erinnern. „Details lassen sich im Einzelnen nicht mehr nachvollziehen“, erklärte dazu ein Sprecher nach Rücksprache mit Schwesig. Gesprächsnotizen gebe es keine, die Information an die Minister und die Kanzlerin sei nur mündlich erfolgt.

Ministerpräsidentin und Staatskanzlei hätten auch keine Unterlagen zur Stiftungsgründung übermittelt. Für die Beantwortung der Tagesspiegel-Anfragen benötigte die Staatskanzlei insgesamt knapp acht Wochen. Der Sachverhalt habe weitere Recherchen erfordert, hieß es zur Begründung.

Fragen nach Scholz' Wissen bleiben bisher unbeantwortet

Auch aufseiten der Bundesregierung lässt sich derzeit nicht feststellen, welche Einzelheiten über die geplante Stiftungsgründung zum Jahresende 2020 bekannt geworden sind. Das Bundeskanzleramt verweist darauf, es habe sich um ein Vorhaben und eine Entscheidung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gehandelt.

Das Kanzleramt sei informiert worden, eine Abstimmung mit der Bundesregierung sei aber nicht erfolgt. Eine Anfrage zu den persönlichen Kenntnissen des damaligen Finanzministers Scholz lassen sowohl das Finanzministerium wie das Kanzleramt bisher unbeantwortet.

Im Schweriner Landtag soll nun auf Drängen der Opposition aus CDU, Grünen, FDP und AfD ein Untersuchungsausschuss der Frage nachgehen, welche Rolle die politischen Entscheidungsträger bei der Stiftungsgründung spielten und welche Gelder die Stiftung angenommen hat.

Parallel laufen verschiedene Gerichtsverfahren auf Auskünfte durch die Stiftung und ihren Vorstand, den früheren Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false