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Wüstentauglich. Deutschland will Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an Saudi-Arabien liefern. Das ist auch in der Koalition umstritten.

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Umstrittenes Panzergeschäft: "Zu feige sich zu erklären"

Die schwarz-gelbe Koalition bleibt im Streit um die Lieferung von 200 Kampfpanzern des Typs Leopard 2 nach Saudi-Arabien weiter unter Druck. SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert die Regierung auf, dem Parlament Rechenschaft abzulegen.

Von Hans Monath

Berlin - Gabriel warf der Regierung „Rechtsbruch“ vor. Sie halte sich mit ihrer Entscheidung im Bundessicherheitsrat nicht an die geltenden Rüstungsexportrichtlinien, sagte Gabriel am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Bundestags. Die Regierung stehe damit „an der Seite der feudalen Herrscherhäuser, die die Demokratiebewegungen unterdrückt“. Drei Jahrzehnte lang hätten Bundesregierungen Panzerlieferungen an Saudi-Arabien verweigert, sagte der SPD-Chef. Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP), die an der Debatte nicht teilnahmen, forderte er auf, die Neuorientierung der deutschen Außenpolitik öffentlich zu erklären. Sie seien aber „zu feige, sich dem Parlament zu erklären“, meinte der SPD-Politiker.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt der schwarz-gelben Regierung ebenfalls vor, sie stehe „an der Seite der Despotie“. Ihre Außenpolitik sei entgegen ihren Behauptungen nicht wertegeleitet. „Sie stimulieren den Rüstungswettlauf im Nahen Osten“, warnte Trittin. Damit gefährde die Regierung auch die Sicherheit Israels. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte, Deutschland sei weltweit der drittgrößte Waffenexporteur. die Koalition wolle an Kriegen verdienen: „Das ist doch überhaupt nicht zu fassen, dass nach unserer Geschichte dann dieser Weg beschritten wird.“

Sigmar Gabriel.
Sigmar Gabriel.

© dapd

Koalitionsabgeordnete warfen der Opposition im Gegenzug Scheinheiligkeit vor. Die Bundesregierung habe die Rüstungsexportrichtlinien „restriktiv und verantwortungsvoll gehandhabt“, meinte Joachim Pfeifer (CDU). Rainer Stinner (FDP) warf der SPD vor, sie leide an „retrograder Amnesie“: „Sie haben alles vergessen, was Sie selbst gemacht haben“, sagte er. Auch unter der rot-grünen Regierung seien Rüstungsgüter an Saudi-Arabien geliefert worden. „Tun Sie doch nicht so, als gäbe es eine neue Situation, das ist doch ein Monster, das Sie hier aufbauen“, sagte er. Auch der FDP-Abgeordnete Martin Lindner wandte sich gegen das „übliche Skandal-Skandal-Gerufe“.

Der bisher nicht offiziell bestätigte Beschluss des Bundessicherheitsrats zur Ausfuhr der Kampfpanzer war auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition auf Kritik gestoßen. Mehrere FDP-Abgeordnete hatten angesichts der Brisanz der Vorgänge Aufklärung von der eigenen Regierung verlangt. Wirtschaftsstaatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP) verweigerte in der Fragestunde des Bundestages mit Verweis auf die Geheimhaltungspflicht Auskunft zum konkreten Fall. Für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gelte generell, dass eine „Gesamtabwägung der bündnispolitischen Interessen“ getroffen werden müsse, sagte er. Das Land sei in der Region ein wichtiger Gegenspieler des Iran. „Das sind schwerwiegende Gründe, die abgewogen werden müssen“, meinte Otto. Der Beachtung der Menschenrechte werde „besonderes Gewicht beigemessen“, versicherte er. Otto verwies darauf, dass in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung Rüstungsgüter im Umfang von 260 Millionen Euro nach Riad geliefert worden seien.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele warf Otto vor, er verhalte sich verfassungswidrig, weil der dem Bundestag das Recht verwehre, die Regierung zu kontrollieren. Der Staatssekretär wies dies entschieden zurück.

Auch in der Gesellschaft regt sich Widerstand. Nach Angaben der Organisation Campact unterzeichneten innerhalb von 24 Stunden 40 000 Menschen einen Appell gegen die Lieferung. Beide große Kirchen kritisierten den Beschluss.

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