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Plantage

© dpa

UMWELT IN GEFAHR: Verbrannte Erde

Wie der Mensch Naturressourcen zerstört: Auf Sumatra muss immer mehr Dschungel gewinnbringenden Palmölplantagen weichen – damit verschwinden Kohlendioxidspeicher.

„Am meisten schockiert mich der direkte Vergleich zwischen dem Regenwald und dieser Mondlandschaft“, sagt Björn Jettka. Der Greenpeace-Mann ist aus Deutschland nach Indonesien gekommen, auf die Insel Sumatra, in die Provinz Riau. Und jetzt steht er hier, mit Cowboyhut und Sonnenbrille, am Äquator, auf verbrannter Erde mit verkohlten Baumstümpfen. Auf einem traurigen Flecken Erde, der früher von tropischem Regenwald bedeckt war und nun eine Palmölplantage wird.

Die Palmen, die bis zum Horizont in Reih und Glied stehen, ragen gerade mal 30 Zentimeter aus der Erde. In drei Jahren werden die Babypalmen ganze Kerle sein. Und dann werden sie da, wo ihre mächtigen Blätter am dicken Stamm ansetzen, alle drei Monate Geld bringen: mehrere Ballen zwetschgengroßer Früchte. Das daraus gepresste Pflanzenöl landet in Margarine auf einem Frühstückstisch in Köln, in einer Seife in einem Badezimmer in New York oder in einem Wok in einem Restaurant in Peking. Spülmittel, Hautcreme, Käsekuchen und Lippenstift – Palmöl ist drin. Weltweit werden jährlich rund 30 Millionen Tonnen verbraucht. 25 kommen aus Indonesien und Malaysia, wo für Palmölplantagen eine Waldfläche vernichtet wurde, die dreimal so groß ist wie Belgien. Die Nachfrage steigt, auch weil Palmöl als Biosprit taugt. „Wir werden weitere 6,5 Millionen Hektar für Palmöl-, Jatropha-, Maniok-, und Zuckerrohrplantagen bereitstellen“, kündigte Al Hilal Hamdi an, der Chef von Indonesiens Biokraftstoffkommission. 6,5 Millionen Hektar – Kroatien ist kleiner.

Weltweit wird der Regenwald nirgends so schnell abgeholzt wie in Indonesien. Jede Minute verschwinden sechs Fußballfelder. Kahlschlag macht Indonesien zum drittgrößten Klimasünder nach den USA und China. Die beiden Weltmächte stoßen viel Kohlendioxid (CO2) aus, weil sie viel Energie verbrauchen. Das wenig industrialisierte Indonesien stößt viel aus, weil es für Plantagen gleich zwei CO2-Speicher vernichtet: Regenwald und Torfboden.

Björn Jettka wusste von Indonesiens Palmölwahn, als er sich vom Greenpeace-Büro in Hamburg auf den Weg in die Tropen machte. Aber jetzt, auf dieser riesigen Brandrohdungsplantage, ist er doch platt. „Arbeiter schlugen Schneisen in wunderbaren Regenwald. Sie hoben Kanäle aus, um saftigen Torfboden zu entwässern. Danach wurden alle großen Bäume abgesägt und weggeschafft. Und dann hat man den Rest einfach angezündet. Als alles abgefackelt war, kamen die Ölpalmsetzlinge.“ Jettka schüttelt den Kopf. Der verwüstete Streifen, Konzessionsfläche einer Palmölfirma, ist drei bis vier Kilometer breit und, nach Greenpeace-Angaben, 60 Kilometer lang.

Ein Stück weiter stehen Holzhütten mit Wellblechdächern. Plantagenarbeiter müssen hier hausen. Einer heißt Briyanto. Er sei 14 Jahre alt, sagt er und erzählt in knappen Sätzen: „Sechs-Tage- Woche. 30 000 Rupiah Taglohn. Alle drei Monate dürfen wir nach Hause.“ 30 000 Rupiah, gut zwei Euro – für knapp zehn Stunden. In der Nähe stehen weiße Kanister. Björn Jettka schaut aufs Etikett: „Herbizide. Sie landen im Boden und fließen über die Kanäle in Flüsse.“

Ein paar Minuten sind es bis zum Plantagenrand, bis zum Wald, der aus der Ferne wie eine Wand aussah. Von Nahem sieht man, dass auch hier schon Schneisen geschlagen, Kanäle ausgehoben wurden. Doch dann steht da noch ein Dschungel, in dem man ohne Buschmesser nicht weit kommt. Manche Bäume sind 30 Meter hoch, Farne und Rankpflanzen umgeben Stämme, an denen helle Pilze wachsen. Wissenschaftler haben in Indonesiens Regenwald 4000 Baumarten, 25 000 andere Pflanzen und 3000 Tierarten registriert. 90 Millionen Hektar Wald, zweimal die Größe Iraks, stehen noch.

„Rettet unseren Wald. Rettet unser Klima“, steht auf einem riesigen Plakat, das Greenpeace am Waldrand zwischen Bäume gespannt hat. Die Umweltgruppe errichtete in der Nähe ein Lager. Aktivisten aus einem Dutzend Ländern sind da. Intaktes Torfland, weltweit rar, speichert Unmengen von C02, bis zu 1400 Tonnen pro Hektar. Nach Greenpeace-Informationen stecken allein im Torfland von Sumatras Riau-Provinz 14,6 Gigatonnen CO2. Dies entspräche fast dem globalen Treibhausgasausstoß eines ganzen Jahres. „Riaus Torf hat einen niedrigen ph-Wert, Ölpalmen wachsen nicht gut auf saurem, triefend nassem Grund. Deshalb beginnt Plantagenbau auf Torf mit dem Ausheben von Kanälen“, sagt Hapsoro, ein indonesischer Greenpeace-Waldexperte. „Bei der Bodenentwässerung oder spätestens bei der folgenden Brandrohdung kommt Sauerstoff an den Torf, Kohlenstoff zersetzt sich, so wird massenhaft CO2 frei. Danach fühlen sich Palmen wohl.“

Morgens in aller Frühe fahren die Umweltkämpfer mit wackeligen Booten zu den Plantagekanälen. Mit fünf Dämmen wollen sie die Entwässerung des Torfs bremsen und die Palmölfirma ärgern. Greenpeace ist auf eine Insel gekommen, auf der noch viel zu retten ist. Wo Sumatras Wald intakt ist, leben Orang Utans, Elefanten und Tiger. Die Provinz Riau hat keine großen Tiere mehr. Riau hat nur fünf Millionen Einwohner, ist so groß wie Tschechien und war 1982 noch zu 80 Prozent mit tropischem Regenwald bedeckt. Mittlerweile sind es nur noch 30 Prozent.

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