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Umwelt: Regierung will auf Folgen des Klimawandels vorbereiten

Angesichts des sich immer konkreter abzeichnenden Klimawandels ruft die Bundesregierung dazu auf, sich auf unvermeidbare Folgen der weltweiten Erwärmung einzustellen. Ein neues Kompetenzzentrum soll Informationen dazu bundesweit bündeln.

Berlin - "Wir müssen uns heute anpassen, um morgen nicht von den wirtschaftlichen und sozialen Folgen überrollt zu werden", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf einem gemeinsamen Workshop mit dem Umweltbundesamt (UBA). Das diskutierte Maßnahmenpaket reicht vom Hochwasserschutz über die Land- und Forstwirtschaft bis hin zu Notfallplänen für in Deutschland zu erwartende Hitzewellen. Gabriel und UBA-Chef Andreas Troge gaben in Berlin den Startschuss für ein bundesweites Kompetenzzentrum (KomPass), das Informationen über Klimafolgen und erforderliche Anpassungen bündeln und vernetzen soll.

Gabriel verwies auf aktuelle Modellrechnungen, wonach die durchschnittlichen Temperaturen in Deutschland bis zum Jahr 2100 um zwei bis drei Grad höher liegen dürften als vor 1990. Bereits 2020 werde an der Zugspitze der letzte deutsche Gletscher verschwunden sein, es werde mehr Starkregen geben, aber auch Trockenheit vor allem im Nordosten des Landes. Ziel Deutschlands und der EU ist es, den Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad zu begrenzen, da Experten die Folgen ansonsten für nicht mehr beherrschbar halten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten laut Gabriel in Deutschland die CO2-Emissionen bis 2020 um rund 40 Prozent niedriger liegen als im Jahr 1990, bis 2050 sogar um 60 bis 80 Prozent. Der Minister kündigte an, die Bundesregierung werde den Klimawandel und seine Folgen zu einem Schwerpunktthema der deutschen Präsidentschaften von EU und G8 im kommenden Jahr machen.

Ein Thema der Gegenwart

"Klimawandel ist nicht Zukünftiges oder Entferntes, Klimawandel findet schon heute hier bei uns statt", sagte Troge zu den Folgen des Klimawandels. Er wies neben den Auswirkungen auf natürliche Lebensgrundlagen auch auf die gewaltigen Kosten hin, die Versäumnisse beim Klimaschutz verursachen. So würden die Schäden durch extreme Wetterereignisse in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren auf insgesamt etwa 16,5 Milliarden Euro geschätzt, erheblich mehr als in den Jahrzehnten zuvor. Bis 2050 rechnet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) demnach mit Kosten durch klimabedingte Schadensereignisse von rund 27 Milliarden Euro pro Jahr, also ein Vielfaches des heutigen Standes.

Von der Notwendigkeit einer Doppelstrategie aus Klimaschutz und Anpassung an die Folgen der Erwärmung sprach auch der Leiter des Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber. "Es geht darum, das Unbeherrschbare zu vermeiden und das Unvermeidbare zu beherrschen", sagte Schellnhuber. Er äußerte die Befürchtung, ohne entsprechende Gegenmaßnahmen könne die Erwärmung sogar bis zu fünf Grad betragen, was etwa der Differenz zwischen der letzten Eiszeit und dem heutigen Stand entspreche. Von der Diskussion über die Folgen des Klimawandels und dessen Kosten erhofft sich Schellnhuber auch weltweit mehr Klimabewusstsein. Er und Troge verwiesen auf Berechnungen, wonach ein anspruchsvoller Klimaschutz etwa ein Prozent des weltweiten Sozialprodukts kosten würde, während wirtschaftliche Schäden ohne ein solches Umsteuern etwa das Zehnfache kosten dürften.

Die Bewältigung der Folgen des Klimawandels müsse stärker in den Mittelpunkt rücken, verlangte anlässlich des "KomPass"-Starts auch Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche. So könnten durch moderne Techniken die Folgen von Unwettern und Hochwassern gemildert und damit Leben gerettet werden. Das neue Kompetenzzentrum soll beim Umweltbundesamt angesiedelt werden. (tso/AFP)

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