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Umwelt-Studie: Bremsen und zahlen fürs Klima

Auch Autofahrer sollen verzichten, damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, sagt das Umweltbundesamt. Vollgas-Fetischisten dürfte das die Tränen in die Augen treiben.

Tempo 120 auf allen Autobahnen, höhere Steuern auf Dienstwagen, Abschaffung der Pendlerpauschale: Vor wenigen Tagen hat das Umweltbundesamt (UBA) eine Studie veröffentlicht, die so ziemlich alles angreift, was der Autolobby heilig ist.

Hintergrund ist, dass sich die Bundesregierung verpflichtet hat, den CO-Ausstoß des Landes bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu drücken. Die größten Einsparpotenziale sieht das UBA zwar im Stromsektor. Doch auch der Verkehr soll seinen Teil zum Klimaschutz beitragen, so die Studie mit dem sperrigen Namen "Politikszenarien V – auf dem Weg zum Strukturwandel; Treibhausgas-Emissionsszenarien bis zum Jahr 2030".

Zum Beleg machen die Umweltpolitiker zwei Modellrechnungen auf. Bliebe alles so, wie es ist, so die erste Rechnung, würde das Land nur knapp 30 Prozent Minderung schaffen – und selbst das nur begünstigt durch den Strukturwandel der Industrie Ostdeutschlands nach 1990, die nach dem Mauerfall zunächst zusammenbrach und seither deutlich weniger Kohlendioxid in die Luft pustet.

Was es braucht, um über die 40-Prozent-Grenze zu kommen, beschreibt das "Strukturwandel-Szenario", das mehrere Forschungsinstitute, unter anderem das Freiburger Öko-Institut, im Auftrag des Umweltbundesamts durchgerechnet haben. In die Modellrechnung eingeflossen sind: eine Umstellung der Besteuerung von Dienstwagen nach deren CO-Ausstoß, außerdem eine Ausweitung der LKW-Maut von den Autobahnen auf alle Straßen. Auch kleinere Lastwagen sollen nach dem Szenario mautpflichtig werden: Man will die Grenze von 12 auf 3,5 Tonnen Gewicht herabsetzen. Die Pendlerpauschale müsste der Rechnung der Wissenschaftler zufolge ersatzlos gestrichen werden.

Die Maßnahmen beschränken sich natürlich nicht auf den Straßenverkehr. Gefordert werden CO-sparende Maßnahmen in fast allen Bereichen des Lebens, von besserer Wärmedämmung von Häusern bis hin zu einem massiven Ausbau des Anteils alternativer Energien am deutschen Strommix. Die Steuerbefreiung für Flugbenzin haben die Macher der Studie ebenfalls aufs Korn genommen: Sie soll gestrichen werden.

Was bleibt, ist die Frage nach der Umsetzbarkeit solcher Ideen. So kritisierte nicht nur der ADAC das Gesamtkonzept als weitgehend untauglich und bloße Verteuerung des Autofahrens. Auch Winfried Hermann, Umweltexperte der Grünen kann sich laut Bild nicht mit einem Wegfall der Pendlerpauschale anfreunden. Er schlägt stattdessen eine Mobilitätspauschale für alle Bürger vor, also eine Leistung, die unabhängig davon gezahlt werden würde, ob Arbeitswege mit Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

Das Umweltbundesamt plädiert in seiner grundsätzlichen Konzeption der Klimapolitik übrigens für weitere Maßnahmen, um den Straßenverkehr CO-ärmer werden zu lassen. So regt man an, Siedlungs- und Wirtschaftspolitik dahingehend zu optimieren, dass lange Fahr- und Transportwege vermieden werden. Autos sollen nach dem Vorbild von Haushaltsgeräten nach CO-Ausstoß gekennzeichnet werden. Außerdem soll die Bundesregierung auf EU-Ebene erreichen, dass jeder PKW im Jahr 2020 nur noch höchstens 95 Gramm CO je Kilometer ausstoßen darf.

Bereits in der vergangenen Woche hatte die ZEIT über einen internen Vermerk des Amts berichtet, in dem die Behörde die Auffassung vertritt, dass es nur wenig Geld kosten würde, den Verbrauch und damit gleichzeitig den CO-Ausstoß von Personenwagen nennenswert zu verringern: Eine Verbrauchsreduktion um ein Fünftel koste maximal 250 Euro pro Fahrzeug, so das UBA. Bei Diesel-PKW mit kleinen Motoren, also mit Hubraum unter 1,4 Liter, schlägt der konstruktive Aufwand laut UBA sogar nur mit 160 Euro zu Buche. Die Verbrauchsminderung lässt sich dem UBA-Vermerk zufolge unter anderem durch die Verwendung von Leichtlaufreifen, durch leichtere Fahrzeuge und eine optimierte Getrieberegelung erreichen.

Quelle: ZEIT ONLINE

Kai Kolwitz

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