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Gabriel

© dpa

Umweltpolitik: Scheitern des Umweltgesetzbuches belastet Koalition

Das Scheitern des bundesweiten Umweltgesetzbuches hat tiefe Gräben in der großen Koalition aufgerissen. Union und SPD reagieren mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Zwar sollen mit Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Kürze wenigstens abgespeckte bundeseinheitliche Regelungen zum Schutz von Natur und Gewässern durchgesetzt werden, wie Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag ankündigte. Die Zusammenarbeit der Koalitionspartner im Superwahljahr 2009 ist jedoch schwer belastet.

Gabriel hatte das Großprojekt der Koalition nach mehreren Gesprächen mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Sonntag für gescheitert erklärt - nach dessen Angaben verfrüht. Der Umweltminister habe sich bis zu diesem Montag mit seinen Mitarbeitern besprechen und dann wieder melden wollen, dies aber nicht getan.

Gabriel hatte den Ablauf anders geschildert und war wegen der CSU-Forderungen nicht auf Seehofers Wunsch nach Ausnahmen von der geplanten bundesweiten Straffung von Projekt-Genehmigungen eingegangen. "Ich kann nicht groben Unfug ins Kabinett einbringen", erklärte der Minister. Die Schuld am Scheitern trügen Seehofer und die CDU. Diese habe es "versäumt, für Ordnung zu sorgen", sagte Gabriel in Anspielung auf Merkel und Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Seehofer sieht dagegen Gabriels Umweltpolitik "in Gänze gescheitert".

Gabriel: "Missbrauch des Föderalismus"

In Fachkreisen von Union und SPD wird derweil verdeckt eingeräumt, dass das Aus für das in der Koalitionsvereinbarung von 2005 vereinbarte Umweltgesetzbuch knapp acht Monate vor der Bundestagswahl stark wahltaktisch geprägt sei. Im CDU-Präsidium bekam Gabriel nach Teilnehmer-Angaben Unterstützung von Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger. Dieser habe den Widerstand der bayerischen CSU/FDP-Landesregierung gegen die Neuregelung scharf kritisiert. Schuldzuweisungen gegen Gabriel kamen unter anderem von Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU).

Gabriel betonte, außer von Bayern habe er die Zustimmung aller übrigen 15 Bundesländer gehabt. Die jetzige Blockade wertete er als "Missbrauch des Föderalismus" und als "Verfassungsbruch", da sein Entwurf eines Umweltgesetzbuches nicht einmal das Kabinett für den Beginn einer Gesetzgebung erreicht habe. Zu Vorschlägen aus der CDU für einen weiteren Vermittlungsversuch sagte er am Montag, auf Bitten von Bundeskanzlerin Merkel habe es bereits vergangene Woche einen "letzten Vermittlungsversuch" gegeben. Gabriel machte für das Scheitern Seehofer persönlich verantwortlich. "Ich bin zu einer Menge Kompromisse bereit gewesen", sagte Gabriel.

Umweltrecht soll vereinheitlicht werden

Mit dem Umweltgesetzbuch sollte das zersplitterte Umweltrecht vereinheitlicht und einfacher werden. Hauptstreitpunkt war die "integrierte Vorhabengenehmigung". Danach sollten für den Bau von Industrieanlagen, die wie Kraftwerke Gewässer nutzen, nicht mehr verschiedene Genehmigungsverfahren bei unterschiedlichen Behörden nötig sein. Vielmehr sollten sie gebündelt und unbürokratisch abgewickelt werden. Da ein solches Umweltrecht aus einem Guss - ähnlich wie beim Sozialgesetzbuch - jetzt nicht möglich ist, sollen jetzt wenigstens das Naturschutz- und Gewässerschutz-Recht in Einzelgesetzen bundesweit geregelt werden. Dies ist gemäß Föderalismus-Reform I nur noch bis Ende dieses Jahres möglich.

Die Kanzlerin akzeptiere dieses Vorgehen, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Sie sei in der vergangenen Woche mehrfach vom Umweltminister über den Stand der Gespräche unterrichtet worden. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Katherina Reiche, geht davon aus, dass die beiden nun geplanten Einzelgesetze ohne Probleme durch die Gesetzgebung gehen. Dies fordern auch kommunale und wasserwirtschaftliche Verbände.

In der CDU gab es auch indirekte Kritik am Vorgehen der gesamten Partei. "Ich denke, das Thema ist ein bisschen unterschätzt worden", sagte ein Teilnehmer. Der frühere CDU-Umweltminister Klaus Töpfer zeigte sich enttäuscht. "Es muss dieses Gesetz mit allem Nachdruck durchgebracht werden", forderte er. (jam/dpa/ddp)

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