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UN-Bericht: Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan steigt deutlich

UN: Im ersten Halbjahr wurden 55 Prozent mehr Kinder getötet / Bericht macht vor allem die Islamisten verantwortlich

Von Matthias Schlegel

Berlin - Das menschliche Leid von Zivilisten im Afghanistankonflikt hat im ersten Halbjahr 2010 einen neuen Höhepunkt erreicht. So ist die Zahl der zivilen Opfer gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf 3268 gestiegen. 1271 Zivilisten wurden getötet, das waren 21 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2009. 1997 Menschen wurden verletzt. Das geht aus einem Bericht der Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) hervor, der am Dienstag in Kabul veröffentlicht wurde.

Auch am gestrigen Dienstag gab es wieder Tote. Zwei Selbstmordattentäter zündeten im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul einen Sprengsatz. Mindestens drei Menschen wurden bei dem Anschlag gegen ein von Ausländern bewohntes Gästehaus getötet.

Drei Viertel der zivilen Opfer in Afghanistan gingen nach Erkenntnissen der Unama auf das Konto von Aufständischen. So seien von ihnen 2477 Menschen getötet oder verletzt worden, was eine Steigerung von 53 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2009 bedeutete. Für zwölf Prozent der Vorfälle, bei denen 386 Zivilisten getötet und verletzt wurden, waren einheimische oder ausländische Sicherheitskräfte verantwortlich. Dies bedeutete einen Rückgang um 30 Prozent. Die meisten zivilen Opfer, für die die internationalen Truppen verantwortlich sind, wurden durch Luftangriffe getötet oder verletzt.

Unter den Opfern ist eine immer größere Zahl von Frauen und Kindern. So mussten im ersten Halbjahr 2010 den bewaffneten Konflikt 176 Kinder mit dem Leben bezahlen, 389 wurden verletzt. Das bedeutet, dass die Zahl der Opfer im Kindesalter gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 55 Prozent stieg.

Zwei Entwicklungen in Afghanistan beunruhigen die Mitarbeiter der UN-Mission besonders: Dass die Zahl der Morde an Zivilisten durch regierungsfeindliche Kräfte dramatisch angestiegen ist und dass die Aufständischen immer umfangreichere und ausgeklügeltere Anschläge im ganzen Land verüben. So verloren im ersten Halbjahr 557 Menschen durch Selbstmord- und Sprengstoffanschläge das Leben, 1137 Menschen wurden dabei verletzt. Die verheerenden Auswirkungen dieser Taktik unterstreichen nach Ansicht der UN-Beobachter, dass die Strategie der internationalen Truppen, die Zivilbevölkerung effizient zu schützen und den Konflikt auf der Grundlage der Menschenrechte auszutragen, immer wichtiger werde.

Nach Angaben der UN-Mission ist die Zahl ziviler Opfer durch Luftangriffe der internationalen Truppen im Vergleich zu 2009 um 64 Prozent zurückgegangen. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass die Isaf im Juli 2009 ihre Einsatzregeln für Luftangriffe präzisiert habe.

Die meisten zivilen Opfer waren nach wie vor im Süden (43 Prozent) und im Südosten (24 Prozent) des Landes zu beklagen. Doch gerade in der als stabiler geltenden nordöstlichen Region (Badakschan, Kundus, Baghlan, und Takhar) hätten die Aufständischen den Konflikt verschärft. Dort sei die Zahl der von ihnen getöteten Zivilisten um 136 Prozent gestiegen. Matthias Schlegel

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