zum Hauptinhalt
Eine Frau der Rohingya weint in einem Lager für Vertriebene.

© Nyunt Win/epa/dpa

Update

UN-Gericht fordert Sofortmaßnahmen: Myanmar muss Rohingya vor Völkermord schützen

Tausende Angehörige der muslimischen Rohingya-Minderheit wurden von Soldaten Myanmars getötet. Jetzt urteilt der Internationale Gerichtshof.

Im Völkermord-Verfahren gegen Myanmar hat der Internationale Gerichtshof das asiatische Land zu Sofortmaßnahmen zum Schutz der muslimischer Minderheit der Rohingya verpflichtet. Damit gab das höchste UN-Gericht am Donnerstag in Den Haag einer Klage Gambias statt, das das Verfahren im Namen der 57 Mitgliedstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit angestrengt hatte.

Gambia hatte Myanmar in Den Haag verklagt

Der Vorsitzende Richter Abdulqawi Ahmed Yusuf sagte, Myanmar müsse "alle Maßnahmen, die in seiner Macht stehen, ergreifen, um alle Taten zu verhindern", die in der Völkermordkonvention genannt würden. Dazu gehörten die "Tötung von Mitgliedern der Gruppe" und die "vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen".

Das Gericht forderte Myanmar auf, binnen vier Monaten einen Bericht über die getroffenen Maßnahmen vorzulegen. Myanmar muss dem Gericht zufolge alle sechs Monate Bericht erstatten.

Die Regierungschefin von Myanmar, Aung San Suu Kyi, hatte zuvor die Möglichkeit eingestanden, dass Soldaten ihres Landes Kriegsverbrechen gegen die muslimische Rohingya-Minderheit begangen haben könnten. Das geht aus einem Text hervor, den die Friedensnobelpreisträgerin von 1991 am Donnerstag in der "Financial Times" veröffentlichte – kurz vor der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag.

"Kriegsverbrechen, die von Mitgliedern der Streitkräfte begangen worden sein könnten, werden vom Justizsystem unseres Militärs verfolgt", schreibt Aung San Suu Kyi der Zeitung zufolge. Ähnlich wie zuvor warf sie aber auch Menschenrechtlern und einigen Flüchtlingen "unbewiesene Aussagen" und eine Verzerrung des Bildes vor. Ihr ganzes Land werde wegen "unbegründeter Berichte" an den Pranger gestellt. "Menschenrechtsgruppen haben Myanmar verurteilt auf Basis unbewiesener Behauptungen – ohne ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren", kritisierte Suu Kyi.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Soldaten Myanmars hatten seit 2016 Tausende Menschen ermordet, Dörfer zerstört und mehr als 700.000 Rohingya in die Flucht getrieben. Aung San Suu Kyi hatte die Armee vor dem höchsten UN-Gericht verteidigt und den Vorwurf des Völkermordes entschieden zurückgewiesen.

Gambia hatte Myanmar in Den Haag verklagt und sich dabei auf die Völkermord-Konvention berufen. Das Gericht solle Myanmar Sofortmaßnahmen auferlegen, um die noch im Land lebenden rund 600.000 Rohingya zu schützen. Das Urteil ist zwar erst eine Vorentscheidung. Das Hauptverfahren muss noch beginnen und wird vermutlich Jahre dauern. Dennoch wird es als wichtiges Signal gewertet.

Auch die Regierungschefin von Myanmar, Aung San Suu Kyi, steht in der Kritik.
Auch die Regierungschefin von Myanmar, Aung San Suu Kyi, steht in der Kritik.

© Soe Zeya Tun/Reuters

Menschenrechtler werteten das Urteil als wichtiges Signal: Damit werde den Verantwortlichen in Myanmar gezeigt, dass die Welt die Gewalt nicht toleriere, erklärte Amnesty International. Ähnlich äußerte sich „Human Rights Watch“: „Die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs ist ein Meilenstein, um weitere Gräueltaten gegen eine der am stärksten verfolgten Volksgruppen der Welt zu stoppen“, sagte die Vize-Direktorin für Internationale Justiz, Param-Preet Singh. Die Organisation „Burma Campaign UK“ sprach von „einem schweren Schlag für Aung San Suu Kyi und ihre Anti-Rohingya-Politik“. Internationaler Druck sei jetzt nötig, um die Entscheidung des Gerichtshofes durchzusetzen, forderte die Geschäftsführerin der Organisation, Anna Roberts.

Regierungsmitgliedern und Militärs in Myanmar drohen indes weitere Verfahren wegen der Verfolgung der Rohingya. Denn auch der Internationale Strafgerichtshof (ebenfalls in Den Haag) nahm im November Ermittlungen wegen der Gewalt gegen die Rohingya auf. Er ist zuständig bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. (dpa, AFP, epd)

Zur Startseite