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© AP

UN-Gipfel: "Da bleibt für die Armen nicht viel übrig"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnt vor Folgen der Finanzkrise für die Elendsbekämpfung – die reichen Länder müssen mehr tun, um arme Staaten zu unterstützen. So sei ein stabiles Afrika etwa auch im Interesse der reichen Staaten.

Der Gipfel der Vereinten Nationen (UN) zur Armutsbekämpfung begann mit einer dramatischen Warnung: „Die aktuelle Finanzkrise bedroht das Wohlergehen von Milliarden Menschen“, betonte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor den UN-Mitgliedern am Donnerstag in New York. Die massiv gestiegenen Preise für Energie und Nahrung verschlimmerten die Situation. Ban rief die reichen Staaten zu mehr Solidarität mit den 1,4 Milliarden extrem armen Menschen auf. „Sie sollten mutig sein, sie sollten großzügig sein“, sagte Ban in Richtung der Wohlhabenden.

Großbritanniens Premier Gordon Brown verlangte auf der Konferenz eine wahre globale Partnerschaft. Nur so könne der globale „Armutsnotstand“ überwunden werden, unterstrich der Premier. Ban zog auf dem UN-Gipfel eine Zwischenbilanz der acht Millenniumsentwicklungsziele (MDG). UN-Mitarbeiter machten aber klar: Bindende Beschlüsse sollten auf dem Krisentreffen nicht gefällt werden. Die MDG aus dem Jahr 2000 dienen den UN als Vorgaben im Kampf gegen das weltweite Elend. Die Ziele beinhalten eine Halbierung der extremen Armut und des Hungers, eine bessere Bildung, den Kampf gegen Aids, Malaria und andere Seuchen, die Verringerung der Kinder- und Müttersterblichkeit, eine saubere Umwelt sowie eine Partnerschaft zwischen armen und reichen Ländern. Die Staaten sollen die Vorgaben bis 2015 erreichen. Bundesentwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) nannte die Ziele einen „Maßstab für eine gerechte Globalisierung“.

Kein afrikanische Land kann alle Millenniumsziele erreichen

Die Halbzeitbilanz nach acht Jahren Kampf für eine bessere Welt fällt sehr gemischt aus: Länder wie China oder Chile können auf beachtliche wirtschaftliche und soziale Erfolge zurückblicken. „Wir werden die Millenniumsentwicklungsziele erreichen“, versprach Chiles Präsidentin Michelle Bachelet. In Afrika hingegen sieht das Bild düster aus: Die UN befürchten, dass kein Land des Krisenkontinents bis 2015 alle Millenniumsziele erreichen kann. Die Gründe für Afrikas Misere reichen von Konflikten über den Klimawandel bis zur Korruption. Nur wenige Politiker des Kontinents wie der Präsident Ghanas, John Kufuor, übten Kritik an Vetternwirtschaft und Willkür der Mächtigen: Ohne eine „gute Regierungsführung“ bleibe eine gerechte Entwicklung in Afrika eine Wunschvorstellung.

UN-Spezialisten verweisen auch auf die stagnierenden Überweisungen aus dem Norden. Im Jahr 2007 gaben die Reichen den Armen knapp 104 Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe. Laut UN entspricht diese Summe durchschnittlich 0,28 Prozent des nationalen Einkommens der Industriestaaten. Die reichen Länder hatten 2002 aber zugesagt, bis 2015 einen Anteil von 0,7 Prozent ihres Einkommens für die Entwicklungshilfe zu geben. Nur Dänemark, Luxemburg, Schweden, die Niederlande und Norwegen haben laut UN 2007 das 0,7-Ziel schon erreicht oder übertroffen. Nach UN-Berechnungen müssten die Reichen ihre Transfers an den Süden bis 2010 jährlich um 18 Milliarden US-Dollar erhöhen, um das Projekt der Millenniumsentwicklungsziele zu retten. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Tansanias Präsident Jakaya Kikwete, erinnerte die reichen Länder an ihre Versprechen. „Es ist keine Frage der Barmherzigkeit“, sagte Kikwete. Ein stabiles Afrika sei im Interesse der reichen Staaten.

Finanzkrise ist eine ernste Gefahr für die Armenhilfe

Doch UN-Experten und Entwicklungshilfeorganisationen wie Oxfam sehen mit der schweren Finanzkrise eine ernste Gefahr für die Armenhilfe heraufziehen: „Die US-Regierung will mit 700 Milliarden US-Dollar das Finanzsystem stabilisieren“, betonte Oxfam. Washington dürfe die kostspielige Bankenrettung nicht als Vorwand nehmen, um die Entwicklungshilfe zu kürzen. Ein Diplomat brachte es auf den Punkt: „Jetzt brauchen die Regierungen der Reichen viel Geld, um ihre Bankensysteme vor dem Kollaps zu bewahren. Da bleibt für die Armen nicht mehr viel übrig.“

Jan Dirk Herbermann[New York]

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