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Politik: UN-Konferenz: Vor der ganzen Welt am Pranger

Kaum ein anderes internationales Forum hat bereits in seinem Vorfeld für derart viel Zündstoff gesorgt wie die Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen (UN), die zwischen dem 31. August und 7.

Kaum ein anderes internationales Forum hat bereits in seinem Vorfeld für derart viel Zündstoff gesorgt wie die Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen (UN), die zwischen dem 31. August und 7. September im südafrikanischen Durban stattfinden wird. Dabei sollte die von mehr als 10 000 Delegierten besuchte Veranstaltung nach dem Willen von UN-Generalsekretär Kofi Annan eigentlich "eine neue globale Vision für den Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im 21. Jahrhundert" schaffen. Doch bislang ist davon wenig wenig zu spüren: Vor der Vision schritt man nämlich zu einer Rückschau, die angesichts der dabei freigesetzten Emotionen nun die ganze Konferenz zum Scheitern bringen könnte.

Dass es soweit kommen konnte, kann eigentlich nicht überraschen. Schon der vollständige Name der Großtagung - the United Nations World Conference Against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerances - lässt erahnen, dass das Themenspektrum der Konferenz weit über den Rassismus hinausreichen wird - und entsprechend viel Konfliktpotenzial birgt.

Einen ersten Vorgeschmack liefert bereits der in den verschiedenen Regionalforen erstellte offizielle Forderungskatalog, der vermutlich von den deutschen Entschädigungen an NS-Zwangsarbeiter inspiriert wurde. Neben handfesten materiellen Zahlungen verlangen seine Autoren ein Ende von Armut, sexueller Gewalt, Menschenhandel, Arbeitslosigkeit, Aids, erzwungener Prostitution, Homophobie und allen Einwanderungsgesetzen, die in irgendeiner Form Zuzügler diskriminieren. Daneben werden größere internationale Investitionen für das Gesundheits- und Bildungswesen, für die Strom- und Trinkwasserversorgung, den Umweltschutz sowie die Förderung einheimischer Kulturen und ein verbesserter Zugang der Entwicklungsländer zum Internet angemahnt.

Ein weiteres Schlüsselthema soll zudem der Schutz von Minderheiten sein, die in Afrika und Asien oft noch viel stärker der Willkür des Staates ausgesetzt sind als im Westen. Vor allem UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich dafür eingesetzt, Afrika im Rahmen der Rassismusdebatte nicht einfach auszusparen. Obwohl der Kontinent und seine Bewohner schrecklich unter Sklaverei und Kolonialismus gelitten hätten, dürfe man nicht verschweigen, dass heute eine ganze Reihe seiner eigenen Volksgruppen von ethnischem Hass zerstört würden.

Die weitaus größte Gefahr für das Gelingen der Konferenz liegt gegenwärtig in der Gewaltspirale, die sich im Nahen Osten dreht. Besonders umstritten ist dabei der Versuch einiger arabischer Staaten, Israel als einziges Land an den Pranger zu stellen und den Zionismus als eine Spielart des Rassismus zu verdammen, womit das Existenzrecht des jüdischen Staates negiert würde.

Die Regierung Scharon will dies natürlich nicht einfach hinnehmen und hat nun wissen lassen, die Konferenz "aller Voraussicht nach" zu boykottieren. Bereits zu Wochenbeginn war es auf dem internationalen Jugendgipfel in Durban, der der Hauptkonferenz vorangestellt war, durch den Auszug der israelischen Delegation zu einem ersten handfesten Eklat gekommen. Der Grund: Israel war dort als Besatzungsmacht gebrandmarkt worden.

Die amerikanische Regierung, die Israels Vorbehalte teilt, hat sich ihrerseits noch nicht zu einem Totalboykott der Konferenz entschieden und die eigene Teilnahme offen gehalten. Allerdings würden die USA, wenn sie denn überhaupt nach Durban kommen, dort allenfalls auf unterer Ebene und mit einer viel kleineren Delegation als ursprünglich geplant vertreten sein.

Ein anderer umstrittener Punkt konnte im letzten Moment entschärft werden. So wurde die afrikanische Forderung nach einer direkten materiellen Wiedergutmachung für Sklaverei und Kolonialismus fallen gelassen. Vor allem die Vereinigten Staaten hatten für den Fall einer weit reichenden Entschuldigung für diese Praktiken gravierende Schadensersatzforderungen seiner schwarzen Minderheit befürchtet. Statt dessen soll die Schuld aus der Vergangenheit nun durch verschiedene Konzessionen wie etwa mehr Entwicklungshilfe, einen verbesserten Marktzugang für afrikanische Produkte und einen großzügigeren Schuldenerlass wettgemacht werden.

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