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Zwei Staatsmänner, die sich zuletzt kaum ausstehen konnten: US-Präsident Barack Obama und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (rechts), hier im Jahr 2010 während einer Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington.

© picture alliance / dpa

UN-Resolution verärgert Israel: Barack Obamas Nahost-Vermächtnis

Die USA ermöglichen im Sicherheitsrat eine Verurteilung der Siedlungspolitik. Israel reagiert wütend und hofft darauf, dass Donald Trump die Sache richtet.

Von Hans Monath

Es gibt wohl nur wenige Politiker auf der internationalen Bühne, deren Verhältnis sowohl politisch als auch persönlich so zerrüttet ist wie das zwischen US-Präsident Barack Obama und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Immer wieder haben sich der regelorientierte amerikanische Politiker und der Chef einer rechtsreligiösen Koalition über zentrale Fragen wie Siedlungsbau, Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern oder iranisches Atomabkommen unerbittlich gestritten. Nun hat Obama kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt ein ganz eigenes Vermächtnis im Nahost-Konflikt hinterlassen, das Netanjahu die Zornesröte ins Gesicht treibt. Israel fühlt sich vom großen Partner verraten – und hofft nun darauf, dass Obamas Nachfolger Donald Trump die Sache richtet.

Zum ersten Mal seit langer Zeit verzichteten die USA im UN-Sicherheitsrat auf ihr Vetorecht, um Israel vor einer Verurteilung durch das Gremium zu schützen. Stattdessen enthielten sie sich. Mit 14 von 15 Stimmen verabschiedete der Sicherheitsrat am Freitag eine Resolution, die den sofortigen Stopp israelischer Siedlungsaktivitäten im Westjordanland und in Ost-Jerusalem fordert. Diese hätten keine rechtlichen Grundlagen und gefährdeten die Umsetzung einer Zwei-Staaten- Lösung, heißt es zur Begründung. Es war das erste Mal seit 1979, dass das UN- Gremium die israelische Siedlungspolitik in einer Resolution verurteilte.

Obwohl die USA den Resolutionstext gar nicht eingebracht hatten, bezichtigte Netanjahu Präsident Obama und seinen Außenminister John Kerry, sie seien dessen Urheber und griff beide so scharf an, dass erfahrene Nahost-Diplomaten sich verwundert zeigten. Das UN-Votum sei "parteiisch" und "schändlich", meinte der israelische Regierungschef und sagte voraus, dieses werde keinen Bestand haben: "Es wird dauern, aber diese Entscheidung wird annulliert werden." Obama habe mit der guten US-Tradition gebrochen, Israel nicht "die Bedingungen für einen Frieden zu diktieren", klagte Netanjahu. Sein Sprecher erklärte, die Resolution sei "nicht ein Schritt zum Frieden, sondern ein Schritt weg vom Frieden".

Auch Steinmeier lobt die Resolution gegen den Siedlungsbau

Der Premierminister drohte zudem mit Schritten gegen die UN. Er habe Anweisung gegeben, alle UN-Verpflichtungen Israels zu überprüfen, einschließlich der finanziellen, erklärte er. Das Außenministerium soll nun einen „Aktionsplan“ gegen die UN und andere internationale Einrichtungen erarbeiten, über den bald das Sicherheitskabinett entscheidet. Israels Verteidigungsminister Avigdor Liebermann stoppte die Zusammenarbeit mit der Palästinenserbehörde in politischen und zivilen Fragen, die Sicherheitszusammenarbeit läuft weiter.

Am Sonntag empfing Netanjahu US-Botschafter David Shapiro in Jerusalem, Ergebnisse des Gesprächs wurden nicht bekannt. Der Premier leitete auch Schritte gegen Neuseeland und Senegal ein. Beide Länder hatten die Resolution im Sicherheitsrat eingebracht. Auch die Botschafter weiterer Sicherheitsratsmitglieder wurden einbestellt, die für die Resolution gestimmt hatten. Noch schärfer als Netanjahu reagierte sein Koalitionspartner von der ultrarechten Partei „Jüdisches Heim“. Parteichef und Erziehungsminister Naftali Bennett rief dazu auf, weite Teile des palästinensischen Westjordanlandes offiziell für Israel zu annektieren.

Die mithilfe der US-Enthaltung angenommene Resolution gilt als deutliches Signal der internationalen Gemeinschaft, dass sie die Idee der Zwei-Staaten-Lösung noch nicht aufgegeben hat. Praktische Auswirkungen des Votums sind aber kaum zu erwarten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßte die Entscheidung, die der Haltung der Bundesregierung entspricht. Dagegen war die israelische Regierung unter Netanjahu zuletzt immer weiter vom Ziel der Zwei-Staaten-Lösung abgerückt. Zwar steht auch der Premier offiziell noch zu einem entmilitarisierten Palästinenserstaat. Kürzlich erklärte er aber offen seine "Liebe" zu den Siedlungen und nahm für sich in Anspruch, dass keine andere Regierung mehr für sie getan habe.

125 Siedlungen hat Israel seit der Eroberung der Palästinensergebiete 1967 errichtet, mehr als eine halbe Million israelischer Siedler leben im Westjordanland und Ost-Jerusalem. Seit der Friedensverträge vor mehr als zwei Jahrzehnten hat sich ihre Zahl etwa verdreifacht. Dazu kommen etwa 100 von der Regierung offiziell nicht anerkannte Siedlungen, die aber auf Unterstützung ultrarechter Minister zählen können.

Netanjahu hatte laut US-Berichten im Vorfeld der Resolution den künftigen Präsidenten Trump eingeschaltet. Der brachte den ursprünglichen Antragsteller Ägypten von seinem Vorhaben ab, andere Länder übernahmen den Entwurf. Der künftige Präsident will mit David Friedman einen Botschafter nach Israel schicken, der entgegen internationalem Recht die Siedlungspolitik ausdrücklich gutheißt. Nach der UN-Entscheidung twitterte Trump: "Was die UN betrifft, werden die Dinge nach dem 20. Januar anders laufen." Der 20. Januar ist der Tag seiner Amtseinführung.

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