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UN-Tribunal: Taylor nach Den Haag überstellt

Der liberianische Ex-Präsident Charles Taylor ist in einem UN-Flugzeug in Den Haag gelandet. Dort soll ihm vor dem Kriegsverbrechertribunal der Prozess gemacht werden.

Freetown/Dakar - Der wegen Menschenrechtsverbrechen angeklagte Ex-Präsident von Liberia, Charles Taylor, ist am Dienstag in die Niederlande überstellt worden. Taylor wurde am Morgen an Bord eines UN-Flugzeuges vom westafrikanischen Sierra Leone in Richtung Niederlande ausgeflogen, wie das Außenministerium in Den Haag mitteilte. Der langjährige Rebellenführer und spätere Präsident soll in in dem UN-Gefängnis in Den Haag einsitzen, in dem auch der frühere jugoslawische Machthaber Slobodan Milosevic gesessen hatte. Der 58-jährige Taylor gilt als einer der wichtigsten Drahtzieher von Bürgerkriegen in Liberia und im benachbarten Sierra Leone, bei denen zwischen 1989 und 2003 rund 400.000 Menschen getötet wurden.

Das UN-Sondergericht für Sierra Leone teilte mit, Taylor sei am Morgen mit einem UN-Hubschrauber aus dem Spezialgefängnis zum Flughafen von Lungi im Norden der Hauptstadt Freetown geflogen worden. Dort sei er um 09.35 Uhr GMT (11.35 Uhr MESZ) unter starken Sicherheitsvorkehrungen in einen gecharterten Jet gestiegen. Laut Nachrichtenagentur ANP wurde er am Flughafen von Rotterdam erwartet. Der UN-Sicherheitsrat hatte die Überstellung in der vergangenen Woche veranlasst, weil er durch Taylors Anwesenheit die Stabilität in Sierra Leone und der Region gefährdet sah. Die Entscheidung fiel nach der Zusage von Großbritannien, dass Taylor dort im Falle einer Verurteilung seine Strafe absitzen kann.

In Den Haag soll dem diplomierten Wirtschaftswissenschaftler nun vor einem UN-Sondertribunal der Prozess gemacht werden. Taylor hatte in der Vergangenheit auf nicht schuldig plädiert. Er ist wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in elf Punkten angeklagt. Unter anderem werden ihm Morde, Einsatz von Kindersoldaten, Terrorisierung der Zivilbevölkerung sowie sexuelle Gewalt, Verstümmelungen, Plünderungen und Angriffe auf UN-Mitarbeiter vorgeworfen.

Der 58-Jährige ist der erste afrikanische Ex-Staatschef, der sich wegen des Vorwurfs von Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor einem Gericht verantworten muss. Taylor war im März nach gut eintägiger Flucht in Nigeria gefasst und an das UN-Tribunal in Sierra Leone überstellt worden. Der Ex-Präsident war im Jahr 2003 nach einer Rebellion gegen ihn aus Liberia geflüchtet. Seither hatte er in Nigeria unter dem Schutz der dortigen Regierung gelebt.

Taylor soll unter anderem brutale Rebellengruppen in Sierra Leone unterstützt haben. Im Gegenzug wurde er offenbar am lukrativen Diamentenhandel beteiligt. Zu trauriger Berühmtheit gelangten diese Konflikte in Liberia und Sierra Leone, in denen es unter anderem um den Zugriff auf Diamantenfelder ging, durch die Rekrutierung von Kindersoldaten. Bis zur Perfektion trieben der Warlord Taylor und seine Gefolgsleute das System, die Kinder so genannter Small Boy Units mit Drogen vollzupumpen und sie dann wie Kamikaze ins Gefecht zu schicken. (tso/AFP)

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