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Politik: Unerhörte Botschaften

Die Wahl zum Kongress naht – aber Bushs Kampagne zur Verteidigung des Irakkriegs floppt

Wenige Wochen vor der Wahl zum US- Kongress hat Präsident George W. Bush zunehmend Probleme, seinen Kampf gegen den Terror als Erfolg darzustellen. Im Irak und in Afghanistan verschlechtert sich die Lage dramatisch. Die Präsidenten Afghanistans, Hamid Karsai, und Pakistans, Pervez Musharraf, trafen sich zwar am Mittwoch mit Bush im Weißen Haus, um über eine Strategie gegen die Zuspitzung in Afghanistan zu beraten. In den Medien gaben sie sich aber gegenseitig die Schuld am wachsenden Widerstand von Kämpfern des gestürzten Taliban-Regimes.

Karsai warf Musharraf vor, er tue nichts gegen die „Madrasas“, die Koranschulen in Pakistan, die Nachwuchs für Islamisten rekrutieren. Pakistan sei der Zufluchtsort für Talibankämpfer und Al Qaida. Musharraf gab den Vorwurf zurück: Karsai verhalte sich wie „ein Vogel Strauß“, der die Augen vor den wahren Bedrohungen verschließe. Bush bezeichnete beide Politiker als enge Verbündete und „meine persönlichen Freunde“. Politologen beschrieben das Dreiergespräch als „Sitzung einer kriselnden Partnerschaft bei ihrem Eheberater Bush“.

Auch innenpolitisch muss Bush Angriffe auf seine Antiterrorpolitik abwehren. In einem Versuch der Vorwärtsverteidigung ließ er Auszüge aus dem jüngsten Geheimdienstbericht veröffentlichen, nachdem die großen Zeitungen der USA am vergangenen Sonntag berichtet hatten, der „National Intelligence Estimate“ (NIE) der 16 US-Dienste nenne den Irakkrieg eine „zentrale Ursache“ für die Ausbreitung des Terrors. Er helfe Terrorgruppen weltweit bei der Rekrutierung von Nachwuchs. Für sie sei die US- Präsenz im Irak der Beweis für einen Generalplan des Westens zur Unterdrückung der muslimischen Welt.

Bush ließ nun drei der 30 Seiten der vertraulichen Studie veröffentlichen – offiziell, um seine Behauptung zu decken, der Irakkrieg habe die USA zwar „noch nicht sicher, aber sicherer als zuvor“ gemacht. Die weltweite Ausbreitung des Terrors habe schon Jahre zuvor begonnen, sagte Bush. Wenn es nicht Irak gäbe, würden Al Qaida und die übrigen Gruppen einen anderen Vorwand für ihre Gewalttaten finden. Nach Auffassung der US-Medien hat die Veröffentlichung der Auszüge Bush nicht geholfen, sondern eher die Botschaft verstärkt, dass der Krieg im Irak den Terrorismus nicht eingedämmt, sondern vielmehr verschlimmert habe.

Auch eine andere politische Offensive der Bush-Regierung findet keine große Resonanz. Außenministerin Condoleezza Rice erneuerte die Vorwürfe an Bill Clinton, er habe als US-Präsident zu wenig gegen Al Qaida getan und damit die Anschläge von 9/11 indirekt mitverschuldet. Clinton verteidigt sich, er habe Ende der 90er Jahre die Geheimdienste beauftragt, Osama bin Laden zu töten und Al-Qaida-Ausbildungslager bombardieren lassen. Damals warfen ihm die Republikaner vor, er tue das, um von seiner Affäre mit Monica Lewinsky abzulenken.

Bush hat inzwischen aber auch einen Teilerfolg erzielt. Das Abgeordnetenhaus verabschiedete das von ihm geforderte Gesetz, mit dem er Topterroristen vor Militärtribunalen den Prozess machen will und das CIA-Geheimgefängnisse weiter ermöglicht. Es fehlt noch die Zustimmung des Senats. Am Freitag endet jedoch die Sitzungsperiode vor der Kongresswahl am 7. November. Republikanische Senatoren hatten gegen Bush rebelliert und verlangt, Terrorverdächtige und Gefangene müssten nach den international üblichen Standards behandelt werden. Der Gesetzestext fällt in vielen Details dahinter zurück, zum Beispiel bei der Beschreibung, wie viel Druck bei Verhören zulässig ist, oder bei der Klausel, dass geheimes Belastungsmaterial im Urteil berücksichtigt werden kann, die Verteidigung es aber nicht einsehen darf.

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