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Politik: Unfälle bleiben versichert, Krankengeld nicht Schröders Pläne sehen zudem Praxisgebühren und Selbstbeteiligung vor – und Ulla Schmidt macht wieder mit

SCHRÖDER – SEINE REDE UND SEINE REFORMEN Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat in der Gesundheitspolitik mit bisherigen SPD-Positionen gebrochen.

SCHRÖDER – SEINE REDE UND SEINE REFORMEN

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat in der Gesundheitspolitik mit bisherigen SPD-Positionen gebrochen. In seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag sprach er sich dafür aus, „differenzierte Praxisgebühren und Selbstbehalte“ in der gesetzlichen Krankenversicherung einzuführen. Ähnliche Forderungen der Union hatte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bisher prinzipiell als „unsolidarisch“ abgelehnt. Der Unions-Sozialpolitiker Andreas Storm bezeichnete die Kanzlerpläne gegenüber dem Tagesspiegel als „schallende Ohrfeige für Frau Schmidt“. Unmittelbar nach der Rede ließ die Ministerin erklären, sie stehe hinter dem gesundheitspolitischen Konzept von Gerhard Schröder. Von Selbstbehalten müssten jedoch Gesunde und Kranke gleichermaßen profitieren.

In den grob skizzierten Reformplänen kündigte Schröder an, er wolle die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von durchschnittlich 14,4 auf 13 Prozent senken, ohne einen genauen Zeitpunkt zu nennen. Dafür wären Einsparungen in Höhe von etwa 15 Milliarden Euro notwendig. Davon sollen einen Teil die Versicherten übernehmen, indem sie einzelne Leistungen privat absichern. Den anderen Teil sollen in Zukunft die Steuerzahler finanzieren. Exemplarisch nannte Schröder das Mutterschaftsgeld, das etwa 2,5 Milliarden Euro ausmacht.

Für die Erneuerung des Gesundheitswesens seien „einschneidende Kurskorrekturen“ notwendig, sagte Schröder. Die Kosten von Sozialleistungen dürften „nicht immer nur und immer wieder“ dem Faktor Arbeit aufgebürdet werden. Schröder ließ erkennen, dass er den Ministeriumsplänen, Privat- und Sportunfälle privat abzusichern, skeptisch gegenübersteht. „Schwerwiegende Probleme“ könnten sich aus seiner Sicht dadurch ergeben, dass sich Krankheit und Unfall schwer abgrenzen lassen. Dagegen sei die private Vorsorge für das Krankengeld ein „klar abgrenzbarer Kostenblock“. Die Krankenkassen geben derzeit etwa 7,5 Milliarden Euro für das Krankengeld aus, das die Kassen im Anschluss an die Lohnfortzahlung der Arbeitgeber übernehmen. Die Kassen selbst kündigten an, sie wollten die Absicherung des Krankengeldes nicht der privaten Konkurrenz überlassen.

Eine klare Absage erteilte Schröder der Unions-Forderung, den Zahnersatz privat finanzieren zu lassen. „Ich möchte nicht, dass man den sozialen Status wieder an den Zähnen erkennen kann“, sagte er. CDU-Chefin Angela Merkel verwahrte sich gegen die „Diffamierung“ der Unions-Vorschläge, zeigte aber Bereitschaft, mit der Bundesregierung über eine Privatisierung des Krankengeldes zu reden. Bei der Reform der Versorgungsstrukturen stellte sich Schröder hinter seine Ministerin Schmidt. Im „verkrusteten und vermachteten“ Gesundheitswesen müsse es mehr Wettbewerb zwischen den Ärzten geben. Wenig erfreut über die bevorstehende Entmachtung zeigte sich Manfred Richter-Reichhelm, Chef des Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der einen „Wettbewerb um die billigste Versorgung“ fürchtet. Schmidts „Lieblingsidee“, frohlockte der CDU-Politiker Storm, habe der Kanzler nicht aufgegriffen: Das umstrittene Institut für Qualität in der Medizin.

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